Zu viel Gegenwind

von Redaktion

Die Löwen hadern nach dem vierten Remis in Folge mit zwei Elfmeterszenen

VON ULI KELLNER

München – Es lief die 86. Minute, als sich Michael Köllner für die Serie entschied – und gegen das Risiko, dieses nach der Pause wilde Spiel noch zu verlieren. Nachdem Marco Hiller zweimal in höchster Not gegen durchgebrochene Magdeburger retten konnte, brachte der 1860-Coach den defensiven Moll für den offensiven Bekiroglu, denn wer weiß, was dieser Nachmittag sonst noch an Kapriolen bereit gehalten hätte?

In einer intensiven Partie hatten die Löwen verdient durch einen Kopfball von Aaron Berzel (33.) geführt, ehe sie zweimal Pech mit Elfmetern hatten: Einer, vom 1860-Keeper verursacht, wurde den Gästen zugesprochen und landete zum 1:1 in Hillers Tor (Gjasula, 60.). Ein Strafstoß für die Hausherren war auch schon gepfiffen worden: Phillipp Steinhart stand mit Ball im Arm am Punkt, bereit zur Ausführung (71.) ehe es sich Tobias Fritsch nach Rücksprache mit einem Assistenten anders überlegte. Obwohl das Spiel nicht unfairer war als andere, hatten am Ende zwölf Spieler plus FCM-Coach Claus-Dieter Wollitz eine Gelbe Karte gesehen. „Dann kam noch der Wind dazu, der es schwer gemacht hat“, klagte nicht nur Berzel. Kurzum: Es war ein denkwürdiger Tag, an dem sich Köllner lieber mit einem weiteren Remis begnügte, um die schöne Erfolgsserie (12-mal ungeschlagen) nicht zu gefährden. „Wir haben unser Minimalziel erreicht, Magdeburg auf Distanz zu halten“, notierte der 1860-Coach mit der Sachlichkeit eines Nachrichtensprechers.

Im Spiel selber waren dagegen die Emotionen hochgekocht. Schiedsrichter Fritsch, 29, hatte sich bei keiner Seite beliebt gemacht und musste sich nicht wundern, dass sein Abmarsch in die Kabine von Buh-Rufen, Pfiffen und obszönen Gesten begleitet wurde. Die Zuschauer hatte im Studenten aus Bruchsal den Buhmann für den verpassten Sieg gefunden. Die 1860-Profis vermutlich auch, doch in der Mixed-Zone war hinterher zu spüren, dass Köllner in der Winterpause ein Grundsatzreferat zum Thema Schiedsrichter-Diplomatie und Deeskalation gehalten hatte.

„Es kann nicht sein, dass ein Assistent, der auf der ganz anderen Seite steht, sagt: Nee, das war kein Elfmeter“, monierte Sascha Mölders: „Das ist jetzt die zwölfte, dreizehnte schwere Entscheidung, die gegen uns fällt.“ Auch Stefan Lex sparte nicht mit indirekter Kritik. „Es hat für gefühlt jede Aktion gleich Gelb gegeben“, sagte der Zehner, um mit ironischem Unterton hinzuzufügen: „Und dass es in der 3. Liga einen Videoassistenten gibt, hab ich auch nicht gewusst.“ Gemeint natürlich: Die heiß diskutierte Szene um den nach drei Minuten zurückgenommenen Strafstoß: „Er entscheidet auf Hand und Elfmeter, telefoniert dann die ganze Zeit rum und sagt auf einmal: War doch nix. Unglücklich sicher für uns, denn es hätte uns gutgetan in der Phase, einen Elfer zu kriegen.“

Am Ende blieb es beim vierten Unentschieden in Folge, das Fans und Spieler mit gemischten Gefühlen verbuchten. „Es fühlt sich heute irgendwie mehr nach einer Niederlage an“, sagte Berzel, während Lex den Aufstiegskampf vorübergehend für abgehakt erklärte: „Wir kommen nicht entscheidend von unten weg, weil die hinten alle punkten. Vorne verlieren ja alle, aber solange wir selber nicht gewinnen, müssen wir weiter nach hinten schauen.“ Und schon ein Vorausblick auf das nächste Heimspiel am Samstag gegen Chemnitz. Lex: „Da müssen wir jetzt mal wieder einen Dreier holen, denn es ist ja klar: Wenn wir nach vier Unentschieden verlieren, heißt es, wir sind fünfmal sieglos.“

Gewinnt 1860 dagegen, ist die Serie wieder positiv (dann 13 Spiele ungeschlagen) – und die Lage in der Tabelle kann womöglich neu bewertet werden.

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