Rosenkrieg – Klinsmanns Spezialität

von Redaktion

Weinerlicher Rückblick auf die kurze Zeit bei Hertha: Alle unfähig – bis auf Jürgen und Freunde

VON GÜNTER KLEIN

München – Jürgen Klinsmann wohnte während seiner kurzen Amtszeit als Trainer von Hertha BSC im Hotel Titanic in Berlin-Mitte. Ein wenig unter First-Class-Standard à la Schlosshotel Grunewald wie bei der WM 2006. Das Titanic kostet um die 140 Euro pro Nacht, hat nur vier Sterne und wirbt für sich mit der Gästebewertung: „Sehr guter Kaffee!“ Hier beschäftigte sich Jürgen Klinsmann also mit seiner Arbeit (auch sein Co-Trainer Alexander Nouri war im selben Haus untergebracht) – und auf einem der „geräumigen Zimmer“ dürfte in großen Teilen das tagebuchartige, 22 Seiten lange und offensichtlich für Investor Lars Windhorst gedachte Dokument entstanden sein, das die „Sport-Bild“ veröffentlicht hat.

„Zusammenfassung: Zehn Wochen Hertha BSC“ ist es überschrieben. In den sozialen Medien spricht man auch von „Klinsmann-Tagebücher“, „Klinsileaks“, „Herthaleaks“. Das Management von Jürgen Klinsmann bestätigte die Echtheit der Datei, die freilich für den internen Gebrauch gedacht war und nun wohl geleakt wurde. Ja, hat denn jemand das kostenfreie Hotel-WLAN gehackt?

Es ist ein seltsames Werk, das Klinsmann geschrieben hat. Weinerlich in der Tonlage – und als wäre es von vornherein angelegt, um ein Scheitern als unausweichlich zu erklären. Das Beleidigtsein beginnt damit, dass seine Aufnahme in den Aufsichtsrat von Hertha BSC nicht medial inszeniert wird („Keine Willkommenskultur“). Von sich selbst redet Klinsmann wie der von ihm verachtete Lothar Matthäus in der dritten Person: „Lars (Windhorst) und Preetz rufen Jürgen Klinsmann in den USA an.“

Der Jürgen Klinsmann ruft dann Ralf Rangnick an, doch der will nicht Trainer unter Michael Preetz als Vorgesetztem werden. Macht der Jürgen Klinsmann es also selber. Schwerer Job, denn: „Mannschaft in einem katastrophalen körperlichen wie mentalen Zustand.“ Klinsmann beurteilt auch die einzelnen Spieler – mit der Expertise eines durchschnittlich erfolgreichen Comunio-Teilnehmers: „Niklas Stark, 24, guter Innenverteidiger, aber oft verletzt, Marktwert 20 MIO.“

Fazit von Klinsmann: Bis auf Geldgeber Windhorst, ihn selbst („Der Klub wäre ohne den Trainerwechsel Ende November direkt in die 2. Liga abgestiegen“) und seine Leute („Arne Friedrich fing an, individuelle Spielerprofile aufzubauen, wo der Spieler holistisch geschult, d.h. fußballerisch und auf sozialer Ebene“), sind alle unfähig. Preetz stünde für „Lügenkultur“.

Doch wie aufrichtig ist Klinsmann? Wurden die 22 Seiten wirklich geleakt – oder bewusst weitergegeben? Die Springer-Presse ist in Berlin zu seinem Bündnispartner geworden. Rosenkrieg führt Klinsmann gerne. 2009 nach seinem Rauswurf beim FC Bayern zog er sich zurück ins Schlosshotel Elmau und initiierte von dort über Günther Jauch und RTL seine Abrechnung.

Hertha-Präsident Werner Gegenbauer nannte in einem Schreiben an die Mitglieder Klinsmanns Vorwürfe „entweder falsch oder einfach nur unsinnig“.

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