„Erst Jürgen, dann Jürgen und noch mal Jürgen“

von Redaktion

Kritik von Matthäus, Dementi von Rangnick – Klinsmann verliert weiteren Posten

Berlin – Die vernichtende Kritik aus den Klinsmann-Tagebüchern wird für Hertha BSC zur schweren Last im Abstiegskampf. Fast schon flehentlich beschwor der in den Protokollen scharf attackierte Manager Michael Preetz die Konzentration auf das direkte Duell bei Fortuna Düsseldorf. „Wir wollen versuchen, den Spagat hinzukriegen, den Fokus auf das schwere Auswärtsspiel zu richten“, sagte der Geschäftsführer vor der Partie heute Abend (20.30 Uhr/DAZN).

Doch auch mehr als zwei Wochen nach dem völlig überraschenden Rücktritt von Klinsmann dreht sich alles wieder um den Ex-Bundestrainer. Lothar Matthäus unterstellte seinem früheren Mitspieler aufgrund der an die Öffentlichkeit geratenen Aufzeichnungen Egoismus. „Er ist eben, wie er ist. Zuerst kommt Jürgen, dann Jürgen, dann noch mal Jürgen und dann der Rest. Er sucht keine Schuld bei sich, sondern nur bei den anderen“, sagte der Rekord-Nationalspieler bei Sky.

Investor Lars Windhorst, der seinem einstigen Vertrauensmann zuletzt mit deutlichen Worten die Rückkehr in den Hertha-Aufsichtsrat versagt hatte, hüllt sich in Schweigen. Nach dem Knall beim Klinsmann-Aus als Trainer hatte der Geldgeber noch demonstrativ den Schulterschluss mit Preetz und Hertha-Präsident Werner Gegenbauer geübt. Die in den Protokollen erhobenen Vorwürfe klassifizierte Gegenbauer nun pauschal in einem Brief an die Mitglieder als „falsch oder einfach nur unsinnig“. Gestern eine indirekte Reaktion von Windhorst: Er entzog Klinsmann den Posten als persönlicher Berater bei seiner Beteiligungsfirma Tennor Holding B.V. Diesen Job hatte Klinsmann auch nach seiner Absetzung als Aufsichtsrat behalten.

Zu einer Klarstellung sah sich Ralf Rangnick genötigt. Nach Kontaktaufnahme durch Klinsmann (als Aufsichtsrat) sei Preetz nicht der Grund gewesen, warum er Hertha im vergangenen Herbst als Trainer abgesagt habe, ließ er ausrichten. Rangnick habe auf seinen laufenden Vertrag bei RB Leipzig verwiesen, sagte sein Manager Marc Kosicke der „Bild“.

Nicht nur die Abrechnung mit Preetz, dem in dem 22-seitigen Papier unter anderem „jahrelange katastrophale Versäumnisse“ und „katastrophale aktuelle Kaderplanung“ vorgeworfen werden, sowie der gesamten Club-Spitze („keine Leistungskultur“, „Lügenkultur“) hallen nach. Auch die Spieler dürften die teils harschen Urteile über sie vernommen haben. Immerhin: Einer reagierte mit Humor. Der zweite Tormann Thomas Kraft sagte nach einer gelungenen Parade im Training: „Ich muss doch den Mehrwert steigern.“

Klinsmanns früherer Assistent Alexander Nouri setzt auf eine Trotzreaktion. Man hoffe auf „Geschlossenheit und Spirit“ und „dass uns das ein Stück weit noch mehr vereint“, sagte der Klinsmann-Nachfolger.  dpa/gük

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