Eishockey-Phänomen Draisaitl

Der Star mit dem halben Gesicht

von Redaktion

GÜNTER KLEIN

Um die Dimensionen von Leistung mal deutlich zu machen, folgender Quervergleich. Bester Scorer in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) ist ein Amerikaner mit dem schönen Namen Chad Costello. Er stürmt für die Krefeld Pinguine. In 50 Spielen hat er 52 Scorerpunkte gesammelt, Tore und Vorlagen werden in dieser Statistik gleich bewertet. Der Top-Scorer in der National Hockey League, der berühmten NHL also, steht nach 67 Partien bei sagenhaften 108 Punkten. Wie würde der wohl in Deutschland auftrumpfen, wo das Eishockey trotz guter Entwicklung der vergangenen Jahre ein paar Klassen unter dem der NHL steht? Wahrscheinlich würde er in den 52 Spielen, die hier eine „regular season“ umfasst, 70 Tore schießen und 90 vorbereiten. Und jetzt kommt’s: Das Fabelwesen aus der fernen Welt ist ein Deutscher: Leon Draisaitl. Ein Kölscher Jung, der im Sommer, wenn er zu Hause ist und auf einer Brücke über den Rhein spaziert, von den meisten gar nicht erkannt würde.

Eishockeyspieler tragen Helm. Mit Visier. Man sieht von Leon Draisaitl auf den Fotos und in den Videoclips halt immer nur ein halbes Gesicht, in dem meist ein Bart sprießt. Nach Toren spielt er mit dem Zahnschutz, das ist eines der wenigen optischen Charakteristika. Er ist auch vom Körper her keine absolut außergewöhnliche Erscheinung: 1,89 Meter sind halt kein Basketballer-Maß. Leon Draisaitl ist daher von der Aufmerksamkeit, die er erfährt, kein Dirk Nowitzki. Jedoch: Er hat dessen sportliche Klasse.

Nowitzki war, als er mit den Dallas Mavericks den Titel in der NBA gewann, Deutschlands „Sportler des Jahres“, die Journalisten wählten ihn damals, 2011. Leon Draisaitl stand 2019 nicht mal auf der Vorschlagsliste. Wenn einer mehr Beachtung verdient, dann er. Er ist halt keiner, der sich nach vorne drängt, aber er besteht vorne, wenn er dorthin geschoben wird. Und er hat ja auch einen Namen und eine Familiengeschichte: Schon Vater Peter war Eishockey-Nationalspieler.

Rein vom Namen her sorgt jedoch auch DEL-Topscorer Chad Costello für Aufmerksamkeit. Verwandt mit Elvis Costello, dem Popstar? Nein. Aber man merkt auf.

Guenter.Klein@ovb.net

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