Berlin – Die Mächtigen des europäischen Fußballs konferierten mehrere Stunden, einer Krisensitzung folgte die nächste, ehe das Unausweichliche feststand: Die Fußball-EM 2020 findet aufgrund der Coronavirus-Pandemie erst im Sommer 2021 statt. Das paneuropäische Turnier sollte mit München als einem von zwölf Gastgebern ursprünglich in diesem Sommer ausgetragen werden – die Clubs und Ligen drängten in der weltweiten Krise aber auf die Verlegung, um selbst mehr Zeit zu gewinnen. Den endgültigen Beschluss fasste das Exekutivkomitee der Europäischen Fußball-Union am Dienstag. Der neue Termin: 11. Juni bis 11. Juli 2021.
„Wir alle müssen die Gesundheit und das Leben von Menschen schützen, das gilt selbstverständlich auch für den Fußball“, sagte Bundestrainer Joachim Löw. „Deshalb ist es völlig richtig und alternativlos, die EURO zu verschieben.“ DFB-Präsident Fritz Keller sprach von „einer schweren Zeit, in der nie dagewesene Herausforderungen gemeinsam bewältigt werden müssen.“
Gleichzeitig setzte der europäische Dachverband sämtliche UEFA-Spiele in Europa „bis auf Weiteres“ aus – also auch die Champions League und Europa League, die im Achtelfinale feststecken. Möglicherweise werden die Europapokal-Wettbewerbe in Final-Four-Turnieren entschieden. Der DFB teilte mit, dass die europäischen Club-Wettbewerbe „auch am Wochenende stattfinden könnten“. Im Gegenzug seien Bundesliga-Partien „von Dienstag bis Donnerstag“ möglich.
„Wir stehen am Ruder eines Sports, den eine riesige Anzahl von Menschen leben und atmen und der von diesem unsichtbaren und sich schnell bewegenden Gegner niedergeschlagen wurde“, sagte UEFA-Präsident Aleksander Ceferin. Inwieweit die UEFA die historische EM-Endrunde im nächsten Jahr unter gleichen Voraussetzungen ausrichten will und kann, blieb zunächst offen.
„Unsere Aufgabe ist es nun, die weitreichenden Folgen, die diese Entscheidungen auf den gesamten Fußball haben, einzuordnen und an Lösungen zu arbeiten“, sagte DFB-Direktor Oliver Bierhoff. Die UEFA versicherte, dass die Kosten für bereits bezahlte Tickets und Reisepakete zurückerstattet werden, sollte den Käufern die Reise zur EM 2021 nicht möglich sein.
Die Ligen haben nun über einen Monat länger die Chance, die derzeit ausgesetzte Saison doch noch unter einigermaßen regulären Umständen beenden zu können. Stichtag könnte der 30. Juni sein, an dem normalerweise auslaufende Verträge enden. Die Deutsche Fußball Liga hatte am Montag verkündet, für die verbleibenden Partien auf Geisterspiele setzen zu wollen. Ob, und wenn ja, wann der Spielbetrieb in Deutschland fortgesetzt wird, soll in der Woche ab dem 30. März entschieden werden.
Im Sommer 2021 wäre die EM eigentlich mit der Premiere der millionenschweren Club-WM des Weltverbands FIFA kollidiert. FIFA-Präsident Gianni Infantino kündigte aber noch am Dienstag an, die UEFA-Entscheidung zu akzeptieren. Die Club-WM werde ebenfalls verlegt, Infantino nannte einen späteren Zeitpunkt im Jahr 2021 und sogar die Jahre 2022 und 2023 als mögliche Ausweichtermine.
In den kommenden Wochen muss die UEFA zudem neue Termine für das Final Four der Nations League, die Frauen-EM in England und die Europameisterschaft der U21 suchen – alle Turniere sollten ebenfalls im Sommer 2021 stattfinden. DFL-Geschäftsführer Christian Seifert lobte die EM-Verlegung in einem Live-Interview der „Bild“-Zeitung: „Die Entscheidung wurde zügig und konsequent getroffen.“
Wie es mit dem Europapokal nun weitergeht, in dem noch fünf deutsche Vereine vertreten sind, soll eine Arbeitsgruppe unter Beteiligung der Ligen und Clubs in der Folge festlegen. Die für Ende März geplanten Playoff-Spiele zur Europameisterschaft sollen nach Möglichkeit Anfang Juni stattfinden. Das Finale der Champions League sollte bislang am 30. Mai in Istanbul steigen, das Endspiel der Europa League war drei Tage zuvor in Danzig geplant. dpa