München – Die Festtage des Eishockey konnten nicht stattfinden. Die Saison wurde aufgrund der Corona-Pandemie noch vor den Playoffs abgebrochen. Die Verantwortlichen der Vereine müssen sich nun mit den – teils gravierenden – finanziellen Folgen beschäftigen, Vertragssituationen klären und eine Strategie für die kommenden Monate aufstellen. Ein Überblick über die Vereine in der Region.
Red Bull München: Der Abbruch der Saison vor den Playoffs beschäftigt nicht nur die Vereine aus den unteren Ligen. Auch für die Clubs aus der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) gibt es enorme wirtschaftliche Folgen. Die Düsseldorfer EG macht sich beispielsweise aktuell Gedanken, ob eine Etatkürzung notwendig ist und vereinbarte Prämien mit Spielern ausbezahlt werden können. Dem Vernehmen nach haben die Rheinländer einen finanziellen Schaden von 750 000 EUro durch das Ausbleiben der Playoffs – der Ligaschnitt liegt bei 400 000 Euro. Beim EHC Red Bull München gibt man – wie die letzten Jahren schon – keinen Einblick in die finanzielle Lage.
Die fehlenden Einnahmen aus den Playoffs treffen aber natürlich auch die Münchner. Zudem sind die nordamerikanischen Spieler und Trainer bereits alle abgereist, was Sportdirektor Christian Winkler die anstehenden Vertragsverhandlungen deutlich erschwert. Die ersten personellen Entscheidungen sind indes schon gefallen: Auf Jason Jaffray, der sein Karriereende bekannt gab, folgt nun mit Mads Christensen der nächste Abgang. Der Däne spielte sechs Saisons für die Münchner und gewann dreimal die Deutsche Meisterschaft. „Die Entscheidung, Mads kein neues Vertragsangebot zu unterbreiten, ist uns aufgrund seiner großen Verdienste für unseren Klub sehr, sehr schwergefallen“, sagt. Winkler
Beim EHC denkt man in der schwierigen Zeit auch an die anderen Vereine. Kapitän Patrick Hager betonte, dass man als „große Eishockeyfamilie zusammenhalten“ müsse: „Nicht nur die Teams aus der höchsten deutschen Spielklasse, sondern auch die DEL2 und die Oberliga-Mannschaften. Wir haben eine große Aufgabe vor uns.“
EC Bad Tölz: Christian Donbeck nimmt’s gelassen. „Wir werden nicht sterben“, sagt der Löwen-Chef. Das vorzeitige Saisonaus in der DEL 2 schadet den Tölzern wirtschaftlich, sportlich ist das Ende ebenso bedauerlich, „weil wir erfolgreich waren und vielleicht noch mehr gegangen wäre“. Aber die Löwen überstehen die Krise, und die Prioritäten liegen woanders. „Am wichtigsten ist doch, dass man das Coronavirus in den Griff bekommt.“ Der Zweitligist hat nun nicht nur die Saison beerdigt, sondern auch die Planungen für die kommende Spielzeit auf Eis gelegt. Am Montag führte Donbeck Gespräche mit allen Spielern über die Zukunft und Unterstützung bei Beantragung von Kurzarbeitergeld.
Auch wenn er noch nicht vernünftig mit einem Budget für die kommende Saison planen kann, blickt der Löwen-Chef vorsichtig in die Zukunft: „Wir schauen nach vorne, haben viele neue Ideen, was das Sponsoring angeht.“ Die Krise könne dazu da sein, über Strukturen und Ziele nachzudenken. „Vielleicht müssen wir ja gar nicht ganz vorne mitspielen, vielleicht setzen wir noch mehr auf unsere eigenen Talente, ich glaube, die Nachwuchsförderung wird ohnehin immer wichtiger.“
EC Peiting: Beim Eishockey-Oberligisten EC Peiting ist man zwar mächtig enttäuscht, dass die spannende Playoff-Zeit ausgefallen ist. In Schieflage bringt das den Verein aber nicht. „Unsere Kalkulation für die Saison geht bis zum Ende der Meisterrunde“, sagt ECP-Geschäftsführer Peter Gast. Klar rechne man sportlich immer mit dem Erreichen der K.o.-Runde, aber finanziell lasse sich schlecht damit planen. „Wenn der Gegner Heimrecht hat und man drei Mal verliert, hatte man nur ein Heimspiel“, sagt Gast. Da kalkuliere man lieber vorsichtig. In den Playoffs reiche es erst einmal, wenn „die Einnahmen die Ausgaben decken“.
Wie die finanzielle Bilanz insgesamt aussieht, kann der Geschäftsführer zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sicher sagen. „Ich gehe aber davon aus, dass wir ein vernünftiges Ergebnis haben.“
Starbulls Rosenheim: „Es wird auf alle Fälle weiter Eishockey in Rosenheim gespielt. Mit welchem Etat und wie genau die Mannschaft aussieht müssen wir in den nächsten Tagen und Wochen abklären“, sagte Marcus Thaller, 1. Vorstand vom Eishockey-Oberligisten Starbulls Rosenheim. In einer Pressekonferenz zur aktuellen Lage wurden auch erste Zahlen genannt. Das Saison-Aus und der finanzielle Verlust durch die fehlenden Playoff-Einnahmen beläuft sich nach ersten Berechnungen auf 130 000 Euro. „Es ist es eine sehr schwierige Situation und trotzdem wollen wir klarstellen, dass wir es für absolut richtig halten wie die Entscheidungen getroffen worden sind“, so Marcus Thaller weiter. „Nachdem niemand weiß, wie lange die Eishockey-Welt still steht, muss das natürlich auch bei den Verträgen beziehungsweise Vertragsverhandlungen berücksichtigt werden.“
„Wir müssen da natürlich auch auf das Wohl des Vereins schauen“, sagt Thaller. Um den entstandenen Schaden abzumildern, haben die Starbulls ein Maßnahmenpaket geschnürt. Als erste dieser Maßnahmen gibt es dabei ab sofort für alle Rosenheimer Fans die Möglichkeit, über ein virtuelles „1928 Spendenticket“ den Verein zu unterstützen.
SC Riessersee: Der Aschermittwoch in Form des Coronavirus kam viel früher und völlig unerwartet und beendete auch beim SC Riessersee die fünfte Jahreszeit ganz abrupt. „Wir müssen das aktuell erst alles sacken lassen“, ist SCR-Trainer George Kink, dessen Team seit November alle Heimspiele gewinnen konnte und die Zwischenrunde auf Rang drei beendete, noch immer im Schockzustand. Die beiden ausländischen Spieler, der Schwede Victor Östling und der Finne Eetu-Ville Arkiomaa (bester Plus-/Minusspieler der Liga mit +56) fliegen dieser Tage in ihre Heimat zurück. Riessersees Geschäftsführer Panagiotis Christakakis wird in den kommenden Tagen und Wochen mit den anderen Spielern, die nahezu alle in der Region wohnen, Gespräche über die Zukunft führen. Dann wird die so erfolgreiche vergangene Saison (mit zehn Drei-Punkte-Siegen zum Ende) analysiert und entschieden, wer keine neue Verträge für die neue Saison bekommt und wer schon – und damit einen neuen Anlauf auf die mögliche fünfte Jahreszeit beim SC Riessersee machen darf.
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