Weil die Eishockey-Weltmeisterschaft in der Schweiz bis Samstagmittag nicht abgesagt war, hat man sich die Traumreise der Gedanken gestatten können: Was, wenn am 8. Mai in der Schweiz, die mit dem Coronavirus schon etwas länger kämpft, die Ausrichtung dieses Turniers möglich gewesen wäre? Während in Deutschland die Fußball-Bundesliga (absehbar) noch Zwangspause hat. Eishockey wäre zum Topfernsehsportevent des ersten Halbjahres geworden, gierig und in Erinnerung ans Pyeongchang-Silber hätte vielleicht eine zweistellige Millionenzahl eingeschaltet.
Nun die Absage der WM. Ausgeträumt. Und ausgealbträumt.
Denn es war längst der Punkt erreicht, an dem man diese WM nicht mehr brauchte. Die NHL hätte sich gewiss nicht beteiligt, denn sollte man in absehbarer Zeit wieder aufs Eis und in die Arenen können, wird sie ihr Business fortführen und notfalls bis in den August hinein spielen. Eine Konkurrenzveranstaltung in Europa würde sie jedenfalls nicht stärken. Eine WM ohne NHL – gab es zuletzt 1976. Will man sich heute nicht mehr vorstellen.
Und die Welt außerhalb der NHL hat einfach die Lust verloren. Nach der Absage der nationalen Ligen vor dem Saisonhöhepunkt Playoffs und der Auf-Null-Stellung des Trainingsbetriebs, wenn Körper und Geist auf Hochtouren laufen sollten, kann man nicht von den Sportlern verlangen, dass die Systeme fast zwei Monate später wieder hochgefahren werden.
Ein krampfhaftes Festhalten an der WM 2020 wäre auch dem Image des Eishockeys zumindest bei uns nicht dienlich gewesen. Es wird gerade respektvoll über die Ligen und Clubs in Deutschland gesprochen, die vorausschauender und konsequenter als der Fußballbetrieb agierten, obwohl ihnen diese Haltung das Herz aus dem Leibe riss. Die Austragung der Weltmeisterschaft wäre zwar nicht im Entscheidungsbereich der DEL gelegen, sondern dem Weltverband IIHF zuzuschreiben gewesen – doch es hätte einfach nicht gepasst. 2019/20 ist vorbei. Definitiv.
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