„Es geht ans Eingemachte“

von Redaktion

TSV 1860: Meisterlöwen sprechen über ihren Umgang mit der Coronakrise

VON LUDWIG KRAMMER

München – Sie waren Teil der größten Mannschaft, die der TSV 1860 je hatte: Die „Meisterlöwen“ von 1966, ein Mythos, von dem der Verein bis heute zehrt. Heute, in Zeiten der Coronakrise, zählen die Helden von damals altersgemäß zur Risikogruppe der besonders Gefährdeten. Doch davon lassen sich Fredi Heiß, 79, Peter Grosser, 81, und Bernd Patzke, 77, nicht verrückt machen. Wir haben mit dem Trio gesprochen.

Alfred „Fredi“ Heiß

„Ich hab das Ganze wie viele Leute anfangs unterschätzt und Vergleiche mit der Influenza gezogen. Das hat sich dann schnell geändert. Mittlerweile sage ich: Alles was hilft, ist gut – und wenn die Ausgangssperren noch verschärft werden müssen, dann ist es halt so. Ich beherzige die Ratschläge des Robert-Koch-Instituts, halte Abstand, wasche mir gründlich die Hände und desinfiziere sie, mehr geht nicht. Diese Krise wird die Sichtweise auf vieles verändern: Was ist wirklich wichtig, worauf lässt sich verzichten? Die Wirtschaft wird extrem leiden, das ist jetzt schon klar. Ich habe viele Freunde in der Gastronomie und Hotellerie – auf Dauer lassen sich die aktuellen Bedingungen nicht durchhalten. Für den Fußball gilt das genauso. Ich hoffe, dass die gern zitierte Solidarität nicht nur heiße Luft ist. Dass der Lauf meiner Löwen unterbrochen wurde, das schmerzt. Auch wenn es im großen Ganzen nur ein kleiner Schmerz unter vielen ist.“

Peter Grosser

„Die Entwicklung der letzten Tage zeigt mir, dass die Appelle der Politik alleine nicht reichen. Es braucht klare Ansagen, Drohungen mit Bußgeld, bis sich was ändert. Das Verhalten der Sorglosen hat mich sehr geärgert. Ich persönlich kann mich nur so gut wie möglich schützen. Was ich zu vermeiden versuche, ist das ständige Schauen nach den neuesten Nachrichten. Wenn ich mit Todeszahlen konfrontiert werde, dann schaue ich auch immer, dass ich die Zahl der Genesenen erfahre. Wer das Positive nicht sehen will, der sieht es auch nicht. Über Fußball zu reden, ist in Anbetracht der Krise nicht einfach. Natürlich ist es wurscht, wer Deutscher Meister wird, wenn es um Leben und Tod geht. Trotzdem fehlt der Gesellschaft so ein leichtes Thema. Vielleicht ändert sich auch hier die Sichtweise. Weniger Fanatismus würde dem Fußball als Spiegel der Gesellschaft gut tun.“

Bernd Patzke

„Ich bin im Krieg geboren, in diesen Tagen denke ich oft an meine Mutter, die mit uns Kindern in Berlin im Bombenkeller gesessen hat. Wie muss es ihr gegangen sein? Mein Vater ist zum Glück lebend heimgekommen, in der Schule hatte danach jedes zweite Kind keinen Vater mehr. Solche Erinnerungen werden in mir wach, wenn ich Politiker höre, die jetzt von Krieg reden. Ich kann nur hoffen, dass diese Krise, wenn sie einmal vorbei ist, die Solidarität in uns Menschen so gestärkt hat, dass sie dem Egoismus die Stirn bieten kann. Niemand lebt nur für sich selbst – das sollte auch der Letzte erkennen. Ja, es geht ans Eingemachte. Ich habe am vergangenen Wochenende den letzten Flieger aus Barcelona zurück nach München bekommen. Da war ich bei meinem Sohn, weil ich Geburtstag hatte. Am Dienstag lasse ich mich testen. Sicher ist sicher.“

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