Im Stadion nur Erwerbstätige

von Redaktion

DFL setzt Betrieb bis Ende April aus und erarbeitet Geisterspiel-Konzepte

VON GÜNTER KLEIN

München – Der Sender „Sky Sport News“ zeigte gestern, wie Christian Seifert, der Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL), in der Zentrale in der Frankfurter Guiollettestraße gleich neben den Türmen der Deutschen Bank eintraf und ein unterwürfiger Assistent ihm vom Auto bis zur Eingangstür den Schirm hielt. Zwei Meter Abstand? Die werden hier nicht eingehalten. Kein Grund aber zur Empörung. Es war eine Archivaufnahme. Seifert und seine acht Präsidiumskollegen trafen sich am Dienstag nicht leibhaftig, sondern tagten über Videoschaltungen.

Was Seifert und Peter Peters (Schalke), Oliver Leki (Freiburg), Steffen Schneekloth (Kiel), Jan-Christian Dreesen (FC Bayern), Rüdiger Fritsch (Darmstadt), Oke Göttlich (St. Pauli), Alexander Wehrle (Köln) und Ansgar Schwenken (Frankfurt) kommende Woche von den 36 Proficlubs der 1. und 2. Bundesliga absegnen lassen wollen: Die Aussetzung des Spielbetriebs, die bislang zum ersten April-Wochenende gilt, wird „bis mindestens 30. April verlängert“. Verschoben werden soll zudem die Ausschreibung der Medienrechte um etwa einen Monat. Was der deutsche Profifußball in den Jahren 2021 bis 25 erlösen wird, dürfte über sein Wohl und Wehe entscheiden. „Ziel der DFL ist es, den Fokus zunächst auf die Bewältigung der gegenwärtigen Herausforderungen zu richten“, schreibt die DFL in einer Mitteilung. Die Situation, die durch die Coronakrise eingetreten ist, bewertet sie als „potenziell existenzgefährdend“, es bestehe „Verantwortung für einen Wirtschaftszweig mit 56 000 direkt und indirekt Beschäftigten“.

Noch immer ist das Ziel, die Saison bis zum 30. Juni zu Ende zu bringen, um die noch ausstehenden zwei TV-Raten für 2019/20 zu retten. Wobei klar ist: Es wird nur über Geisterspiele möglich sein, das zu erreichen. Die DFL arbeite „unter Hochdruck an Konzepten, Spiele zu gegebenem Zeitpunkt – der Situation geschuldet – auch ohne Stadion-Zuschauer und mit einem Minimal-Einsatz von Arbeitskräften in den Bereichen Sport, allgemeine Organisation und Medien durchzuführen. Anders als im Amateur- und Breitensport oder bei sonstigen Freizeitveranstaltungen wäre dann nur Personal im Stadion, das an diesem Arbeitsplatz einer Erwerbstätigkeit nachgeht.“

Und wie viele Leute sind das dann? An Ordnern könnte gespart werden – es gibt ja auch welche, deren Aufgabe es ist, mit dem Rücken zum Spielfeld zu stehen, das Publikum zu beobachten und mögliche Störenfriede einzufangen. Mangels Fans wäre auch die Polizei, die mit ihren hochauflösenden Kameras die Kurven kontrolliert, verzichtbar. Gastronomie kann sehr reduziert in Betrieb genommen werden. Verpflegung benötigen nur die Mannschaften und die Schiedsrichter. Eventuell wird auch auf den Pressetribünen ausgesiebt werden müssen. Der Medienandrang in der Bundesliga ist gewaltig mit Erst- und Zweitrechteinhabern, mit Hörfunk- und Printjournalisten. Da die Clubs international besetzte Mannschaften haben, sagen sich auch immer wieder Berichterstatter aus dem Ausland an – doch das wird angesichts der Einschränkungen auf den Verkehrswegen auch nachlassen. Es werden aber trotzdem noch immer um die 200, 300 Leute vor Ort sein. Gewiss unverzichtbar sind Balljungen, denn der Spielfluss soll nicht leiden. Es werden aber wohl Ballmänner.

Was die DFL noch diskutieren muss: Kann und darf man Teams, um Spieler vor Infektionen zu schützen, Quarantänemaßnahmen und Spielwertungen am grünen Tisch zu vermeiden, von der Außenwelt isolieren? Der Berliner Arbeitsrechtler Christopher Wiencke, spezialisiert auf Fußballfragen, hält das für unzulässig: „Das kann nicht einseitig angeordnet werden. Die Bewegungsfreiheit eines Spielers kann der Verein nicht einschränken.“ (Das vollständige Interview lesen Sie morgen).

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