Auf dem Wasser mit Sondergenehmigung der Staatskanzlei

von Redaktion

Ruder-Weltmeister Oliver Zeidler über die Folgen der Olympia-Verlegung und das Schweigen der Funktionäre

München – Oliver Zeidler ist schon ein Stück weiter als viele andere Athleten. Der Ruder-Weltmeister kann wieder auf seinem gewohnten Terrain trainieren: dem Wasser. Dank einer Ausnahmegenehmigung, die ihm die Bayerische Staatskanzlei ausgestellt hat.

„Sport an der frischen Luft wird ja ausdrücklich empfohlen, und da ich im Einer automatisch genügend Abstand zu anderen Menschen halte, wurde es genehmigt“, sagt der 23-Jährige zu seinen verbesserten Trainingsbedingungen. Verändert hat sich allerdings auch das Ziel, auf das er hinarbeitet. Nicht im Sommer 2020 bricht er zu seinem großen olympischen Traum Richtung Tokio auf, sondern frühestens 2021. Von der Verlegung hat er im Homeoffice am Schreibtisch in der Münchner Wohnung seiner Freundin erfahren. „Ich war erst einmal geschockt und habe mich vom IOC etwas überrumpelt gefühlt“, beschreibt der Ruderer den Moment. „Erst werden vier Wochen Frist erbeten – und zwei Tage später ist der Drops gelutscht. Das war schon eigenartig. Verbunden mit vielen Fragezeichen.“

Nun muss Zeidler erst einmal allerhand regeln. Seine Bewerbung zum Studium in England, wo er das Rudern mit dem Studieren verbinden wollte, hat er für Olympia 2021 zurückgezogen. Mit seinem Arbeitgeber muss er klären, ob er noch ein Jahr reduziert arbeiten darf.

Selbst ob er sich für die verschobenen Sommerspiele neu qualifizieren muss, weiß er nicht genau. Ein deutsches Ausscheidungsrennen ist denkbar. Daher behält er seinen Alltag bei: „Ich trainiere wie vor der Absage. Theoretisch gibt es auch noch eine EM Anfang Juni. Findet diese plötzlich statt und ich habe aufgehört zu trainieren, ärgere ich mich“, so Zeidler.

Etwas verlassen fühlt er sich bis dato von Funktionärsseite. Vom Ruderverband oder DOSB hat er noch nichts gehört: „Ich hänge noch vollkommen in der Luft. Um alles Organisatorisches muss ich mich bis jetzt selber kümmern.“ Zeidler ist glücklicherweise in der Lage, das weitere Jahr bis zu seinen Olympischen Wettkämpfen auch finanziell schultern zu können – keine Selbstverständlichkeit bei anderen Olympia-Teilnehmern.

Zwar sind durch einige Veranstaltungsabsagen Einnahmen weggebrochen und die Gespräche mit Sponsoren können erst nach der Zwangspause wieder aufgenommen werden. Aber bei Deloitte ist Zeidler fest angestellt. Auch die Sporthilfe hat signalisiert, ihre Förderung aufrecht zu erhalten.

Vorteile sieht er aber auch in der Verlegung: „Zunächst ist wieder mehr Chancengleichheit gegeben. Allein schon, weil wieder mehr Dopingkontrollen durchgeführt werden dürfen. Und ich kann wahrscheinlich noch einige Regatten für die Wettkampfhärte im Vorfeld absolvieren. Außerdem natürlich mehr trainieren.“

In den nächsten Wochen zum Glück wieder an der frischen Luft. Mit offizieller Genehmigung. DANIEL MÜKSCH

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