„Es geht zunächst ums Überleben . . .“

von Redaktion

1860-Sportchef Gorenzel über Kurzarbeit, Solidarität und aufs Eis gelegte Vertragsgespräche

München – In der Coronakrise setzt die SpVgg Unterhaching auf Gehaltsverzicht, der TSV 1860 wie die Mehrheit der Drittligisten auf Kurzarbeit. Eine Frage des Geldes oder der Haltung? Zu diesen und anderen aktuellen Fragen nimmt der Sportgeschäftsführer der Löwen Stellung. Günther Gorenzel über . . .

. . . die Haltung zur Kurzarbeit:

„Prinzipiell muss das jeder Verein individuell bewerten und für sich entscheiden, denn die Ertragsstruktur ist auch bei jedem Verein unterschiedlich zusammengesetzt. Daraus ergeben sich natürlich auch unterschiedliche Schadensszenarien für die einzelnen Vereine. Kurzarbeit ist eine der Lösungen, die wir gerade diskutieren. Wir haben ein tragfähiges Modell entwickelt, mit dem wir – wenn alle mithelfen – den Fortbestand von 1860 München sichern können.“

. . . Signale aus der Mannschaft:

„Wir stehen eng im Austausch mit der Mannschaft und streben eine gemeinsame Lösung an. Was das Sportliche betrifft, macht Michael Köllner das auch sehr gut mit dem Trainerteam. Er schreibt täglich E-Mails und kümmert sich um jeden Einzelnen.“

. . . Ligarivalen, die für einen Abbruch der Saison plädieren:

„Ein Abbruch ist für 1860 keine Option. Wir müssen zu einem Modus kommen, wie die Meisterschaft zu Ende gespielt werden kann – ob mit stetigen Englischen Wochen oder auch in Turnierform. Mit etwas gutem Willen ist das sicherlich umsetzbar. Bei einem Abbruch der Meisterschaft wäre für uns – neben dem Verlust einer möglicherweise historischen Aufstiegschance – auch der wirtschaftliche Schaden am größten.“

. . . das Risiko für die Löwen-KGaA:

„Alle Beteiligten sollten sich im Sinne von 1860 solidarisch zeigen. Wir können niemanden zwingen, das ist uns klar. Wir können nur an die Vernunft und an die Solidarität appellieren, kurzfristige, kleinere Einschnitte zur Sicherung des Überlebens anzunehmen. Mit unserem Modell wäre die Existenz Stand heute gesichert.“

. . . die Löwen-Haltung zu Geisterspielen:

„Diese Frage muss man aufgrund der dynamischen Entwicklung in der Zeit von Corona ( . . . ) nahezu täglich neu bewerten. Oberstes Ziel muss es sein, unter rechtlichen Auflagen und gesundheitspolitischer Verantwortung am Ende zu einer Wertung zu kommen, weil man damit auch die Chance erhöht, dass wir nächstes Jahr alle Vereine der 3. Liga im Profifußball wiedersehen.“

. . . die Chance, Stützen wie Mölders oder Rieder zu halten:

„Momentan liegt unser ganzer Fokus darauf, diese Saison mit dem finanziell geringsten Schaden für 1860 zu Ende zu bringen und unsere Chance beim Schopf zu packen, noch ganz vorne angreifen zu können. Wir sind in einem sehr positiven Trend gestoppt worden, das tut natürlich doppelt weh, auch wenn es in dieser ernsten Lage keine Rolle spielen darf. Die Auswirkungen auf den Transfermarkt und die Kaderplanung sind ebenfalls noch nicht absehbar, dementsprechend müssen wir uns dieser dynamischen Situation anpassen. Vertragsverhandlungen sind jetzt leider erst mal ein nachgelagertes Thema. Es geht zunächst um das Überleben des Vereins – vielleicht sogar um das Überleben des deutschen Fußballs insgesamt. Da sind solche Themen, leider für die Jungs, die es betrifft, hinten angestellt. Aber auch das habe ich aus den Gesprächen mit der Mannschaft mitgenommen: Die Spieler wissen das und wissen auch, dass es nicht aus der Welt ist.“

. . . eine Rückkehr zum Trainingsalltag?

„Eines ist klar: Je mehr sich jeder Einzelne an die Vorschriften der Behörden hält und die Hygienemaßnahmen einhält, desto früher werden wir in allen Gesellschaftsbereichen zur Normalität zurückfinden können. Konkret stehen wir dazu im stetigen Austausch mit dem Referat für Bildung und Sport der Stadt, und stimmen uns auch mit anderen Vereinen ab.“

. . . Auswirkungen auf persönlichen Alltag:

„Das Wichtigste ist erst einmal, dass alle in der Löwenfamilie gesund bleiben ( . . .). Für mich, der ich gefühlt jeden einzelnen Tag meines Lebens auf einem Trainingsgelände verbracht habe, ist das wirklich ungewohnt im Homeoffice. Alles über Telefon, Sprachnachrichten, Mailverkehr und Videokonferenzen zu klären, erschwert schon den Austausch. Ich bin eher ein Freund des persönlichen Gesprächs, auch wenn ich da vielleicht aus der Zeit gefallen erscheine.“

Eingeholt von Uli Kellner und Ludwig Krammer

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