Wenn der blaue Opa das Derby beeinflusst . . .

von Redaktion

Ja, sie sind heute in einem Bett aufgewacht. „Berni“, der Bayern-Bär, und „Sechzger“, der 1860-Löwe. Als ich das Zimmer meines Sohnes – gewissermaßen das Spielfeld unseres hausinternen Derbys – betrat, lagen sie ganz friedlich nebeneinander, von Rivalität keine Spur. Und irgendwie, das muss ich zugeben, ging mir bei diesem Anblick das Herz auf. Denn die vergangenen Homeoffice- und Kinderbetreuungstage waren in unserem Haushalt doch sehr rot geprägt. Als wäre mein Eineinhalbjähriger vor lauter Langeweile vom FC Bayern-Virus infiziert worden.

Die ganze Sache – rot oder blau? – ist bei uns ja nicht ganz unkompliziert. Und so ist es auch kein Zufall, dass sowohl Berni als auch Sechzger sich bei uns scheinbar pudelwohl fühlen. Die Mama schreibt über den FC Bayern, das ist ein Punkt auf der roten Seite. Die Mama aber war als kleines Mädel mit ihrem Vater alle zwei Wochen auf Löwen-Spielen, das prägt die blaue Seite. Genetisch gesehen sind die Wurzeln klar angelegt, aber reicht das? Gewissermaßen ist das kleine Derby dahoam für mich so etwas wie ein Experiment: Kann man seinem Buben heutzutage noch zumuten, Drittliga-Fußball zu bejubeln – wo in seiner Heimat auch Champions League gespielt wird?

Die ersten Isolationstage liefen für den Favoriten: „Bäääär“ machte unseren neuen Alltag mit, während der arme Löwe traurig aus dem Kuscheltier-Korb blickte. Berni war mit beim Joggen, Berni saß wahlweise mit am oder unter dem Schreibtisch, Berni wurden die Zähne geputzt, Berni nahm das gehetzte Mittagessen mit ein, Berni bastelte sogar und wurde abends Zeuge des wilden Fußballspiels (Stichwort: überschüssige Energie). Dem nächsten Telefonat mit meinem Vater sah ich schon hochnervös entgegen. Aber es kam anders.

Der Opa nämlich konterte die stolze Berni-Präsentation seines Enkels über Facetime mit der vollkommen korrekten Frage: „Hast Du denn auch einen Löwen?“ Sechzger saß bestens platziert, als hätte er auf seine Chance gewartet. Aber klaro haben wir einen Löwen, und wenn der Opa den cool findet, dann finden wir den auch cool. Aktuelle Tendenz: unentschieden. Das gab es in 204 echten Derbys 46 Mal – und bei uns ab jetzt hoffentlich jeden Abend. Auf viele weitere friedliche Nächte! Die sind in diesen Ausnahmezeiten nämlich Gold wert . . . HANNA RAIF

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