Kurzarbeit und Kurzgeschichten

von Redaktion

1860 nimmt als 18. Drittligist Staatshilfe in Anspruch – Köllner fördert auch die Köpfe der Profis

VON LUDWIG KRAMMER

München – Sie hatten es angekündigt – nun haben sie es umgesetzt: Als 18. Verein der 3. Liga nimmt der TSV 1860 in der Corona-Krise die staatliche Hilfe der Kurzarbeit in Anspruch. „Wir haben kurzfristig ein Modell erarbeitet, dass aus Kurzarbeitergeld besteht und einer freiwilligen Aufstockung der KGaA“, sagte Sportgeschäftsführer Günther Gorenzel in einer Video-Pressekonferenz. Ziel sei es gewesen, dass das Unternehmen 1860 und alle seine Mitarbeiter „ihre Existenz sichern“ können.

Wie hoch der Prozentsatz ist, auf den die Fußballfirma der Löwen die Gehälter aufstockt, wollte der Österreicher nicht konkretisieren. Im Umfeld ist von 80 Prozent die Rede. „Alle Mitarbeiter müssen in Zeiten wie diesen leider auf Geld verzichten“, sagte Gorenzel. Die Laufzeit der Kurzarbeit hänge davon ab, wann der „normale Betrieb wieder aufgenommen“ werden könne, sprich: ein Fortsetzungsdatum für die unterbrochene Saison feststehe. Aktuell trainieren die Spieler zu Hause; Chefcoach Michael Köllner bittet täglich zu einer gemeinsamen Video-Fitnessrunde, dazu hat jeder Profi einen individuell abgestimmten Laufplan zu absolvieren.

„Es ist eine schwierige Situation für alle Menschen weltweit“, sagte Köllner. „Für uns geht es zum einen darum, uns nach den allgemeinen Vorgaben zu verhalten, und zum anderen müssen wir Sorge dafür tragen, dass wir zum Tag X gut vorbereitet sind. Ich hoffe, dass im Mai wieder gespielt werden kann. Stand jetzt würden dann 14 Tage Mannschaftstraining zur Vorbereitung reichen.“ Die Serie von 14 ungeschlagenen Spielen? „Die gibt uns schon Kraft, um da durchzukommen“, ist sich der Erfolgstrainer sicher.

Noch weiß freilich niemand, wie lange der Ausnahmezustand noch andauert. Klar ist lediglich, dass eine Beendigung der Saison nur mit sogenannten Geisterspielen möglich sein wird. Ein Fakt, der vor allem die zuschauerträchtigen Clubs der vom Fernsehgeld nicht verwöhnten 3. Liga hart trifft. In Sachen Stadionmiete bzw. deren Reduzierung sei Finanzchef Michael Scharold mit der Stadt München bereits seit Längerem im Austausch, bestätigte Gorenzel. „Wir versuchen, an allen Ecken und Enden für Klarheit zu sorgen.“ Auch in Sachen der zum 30. Juni auslaufenden Spielerverträge gebe es mit Blick auf die wahrscheinliche Ausdehnung in den Sommer hinein einheitlichen Klärungsbedarf. Man müsse in allen Dingen „über die bisherigen Grenzen hinausdenken“, so Gorenzel. Anschlussverträge über eine gewisse Zeit seien eine mögliche Lösung. Gespräche über Verlängerungen würden einstweilen nicht geführt.

Den Abbruch der Saison mit Annullierung der Ergebnisse bezeichneten Gorenzel und Köllner unisono als schlimmsten aller Fälle – wirtschaftlich wie sportlich. Die Fußballsaison solle auf dem Rasen entschieden werden, sagte Köllner, nicht am grünen Tisch. Dies sei ein Gebot der „Solidarität und Fairness“. Für seine Spieler hat der Trainer im Übrigen nicht nur mit Leibesübungen vorgesorgt. Damit der Kopf nicht zu kurz kommt, verschickt er jeden Tag eine Geschichte zur Erbauung, gestern die „Beobachtungen einer Schneeflocke“ des Mentaltrainers Michael Altenhofer. Darin gehe es „um Gewohnheiten und auch darum, ungewohnte, härtere Wege zu gehen“ – passend zur Zeit.

Köllners humorvoller Ausblick: „Ich habe ein gutes Archiv. So lang kann die Krise gar nicht dauern, dass mir die Geschichten ausgehen.“

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