Skepsis im Sperrgebiet

von Redaktion

Mit der Verlegung des Saisonstarts macht sich die Segel-Bundesliga selbst Mut

Starnberg – Der Bayerische Yacht-Club gleicht in diesen Tagen einem Sperrgebiet. Wie für alle anderen Vereine im Freistaat gelten auch für den Club vom Starnberger Nepomukweg die Verordnungen der Bayerischen Staatsregierung. Die untersagt unmissverständlich „den Betrieb sämtlicher Einrichtungen, die nicht notwendigen Verrichtungen des täglichen Lebens, sondern der Freizeitgestaltung dienen“.

Damit diese Anordnung allen bewusst wird, hat Ilja Wolf weiße Hinweistafeln auf dem Terrain verteilt. „Unser Clubgelände, inklusive Casino, Hafen- und Krananlagen, ist bis zum 19. April für alle Mitglieder und Gäste für jede Nutzung gesperrt“, rief der Manager den Seglern ins Gedächtnis. Am meisten trifft die Maßnahme ihn selbst. „Die Boote dürfen nicht genutzt werden. Jedes Training fällt flach“, raunt er angesichts der Corona-Pandemie, die selbst das ansonsten heile Leben in der Nordbucht des Starnberger Sees nicht unberührt lässt.

Eigentlich befände sich sein Team jetzt in der heißen Vorbereitungsphase auf die Segel-Bundesliga. Wie andere Sportverbände haben die Veranstalter reagiert und den Saisonstart am 8. Mai in Prien am Chiemsee auf den 17. Juli verschoben. „Man hat sich zum richtigen Zeitpunkt richtig entschieden“, stimmt Wolf der Verlegung zu.

Die Konzeptwerft in Hamburg, die die fünfteilige Wettkampfserie ausrichtet, hat auf die Krise und die Nöte der Vereine nach einigem Zögern reagiert. „Das ist in der aktuellen Lage nicht durchzuführen“, erklärt Thomas Bässgen. Der Sprecher des Unternehmens, das auch die Sailing Champions League oder das Nord Stream Race organisiert, bringt die Probleme von Micki Liebl auf den Punkt. „Unsere Vorbereitung geht gegen null“, klagt der Teammanager des Münchner Yacht-Clubs. „Das erste Event Anfang Mai hätte uns schon Probleme bereitet.“ Die Terminverlegung beschert den 36 Vereinen der 1. und 2. Bundesliga Zeit und auch wieder ein wenig Hoffnung, dass zumindest ihre Saison noch zu retten ist. „Momentan bin ich optimistisch“, setzt Simon Schunck auf Normalität ab dem Sommer.

Die Sicht des Managers vom Chiemsee Yacht-Club teilt nicht jeder. „Ich weiß nicht mal, ob das Mitte Juli stattfindet“, sagt Maximilian Weiss. Selbst wenn ein kleines Wunder geschieht, rechnet der Teammanager aus dem Deutschen Touring Yacht-Club noch mit genügend anderen Problemen, die auch seine Amtskollegen beschäftigen. „Wir können keine Crew-Einteilung machen für die Termine, da keiner weiß, was selbst in zwei, drei Wochen ist“, sagt Liebl. Viele seiner Segler sind Schüler, Studenten und Berufsanfänger, die irgendwann Versäumtes nachholen müssen.

„Wir werden uns auf alle möglichen Szenarien einstellen“, sagt Bässgen an die Adresse der Clubs. Die hegen trotz der Flexibilität des Veranstalters berechtigte Ängste. Da die einzelnen Bundesländer die Eindämmung von Covid-19 mit unterschiedlicher Intensität verfolgen, erwartet Liebl einen Standortnachteil für die bayerischen Clubs. „Es kann nicht um Abstiegsplätze gehen, wenn unterschiedliche Vorbereitungen möglich sind“, sagt er.

Oliver Schwall wird sich mit dieser Sorge genauso auseinandersetzen müssen wie mit dem Gedanken eines kompletten Lockouts. „Wirtschaftlich wäre dieses Szenario für die Deutsche Segel-Bundesliga eine Herausforderung“, räumt der Geschäftsführer ein. Weniger existenziell sieht das Maximilian Weiss. „Das Budget der Segel-Bundesliga ist nur ein Kindergarten im Vergleich zu Fußball oder zu Olympia“, gibt er zu bedenken. Vielmehr bedrücken den Tutzinger Teamchef ganz andere Sorgen: „Wenn man weiß, dass wir nur 14 Tage hinter der Entwicklung in Italien zurück sind, rückt Segeln in den Hintergrund.“ CHRISTIAN HEINRICH

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