Es fällt schwer in den Fängen des Coronavirus, von Vorteilen durch die Krise zu sprechen. Bei solchen Gedankenspielen weht stets Zynismus zwischen den Zeilen. Aber begibt man sich auf dieses moralische Glatteis, liegt ein Vorteil der Pandemie auf der Hand – nicht nur für den FC Bayern: Verletzte Spieler haben in der Zwangspause die Möglichkeit, vollständig zu genesen und müssen nicht befürchten, zu früh wieder auf das Feld geschickt zu werden.
Beim deutschen Rekordmeister betrifft das Robert Lewandowski, der dem Club – sollte die Saison fortgesetzt werden – aller Voraussicht nach wieder topfit zur Verfügung stehen wird. Selbst Abwehrspieler Niklas Süle könnte bei einem verspäteten Wiederanpfiff der Saison womöglich noch ins Geschehen eingreifen. Das war es dann allerdings schon mit den Vorteilen, die sich durch die momentane Ausnahmesituation ergeben.
Viel schwieriger gestaltet sich die Kaderplanung für die kommende Saison. Man weiß ja noch nicht einmal, welcher Trainer in Zukunft beim FC Bayern das Sagen hat. Zwar sprach und spricht derzeit alles für Hansi Flick. Just vor seinem letzten Schritt vom Interims-Trainer zum Chef-Coach legte Covid-19 dieses Vorhaben jedoch auf Eis. Noch ist es möglich, dass die Bayern eine Saison ohne Titel und Pokale abliefern. Dann wäre Flick nicht zu vermitteln.
Soll so ein Trainer in der jetzigen Situation Spieler verpflichten? Wohl kaum.
Dazu weiß niemand, wie sich die Preise auf dem Markt entwickeln. Soll man vorpreschen und Spieler angehen, die in einigen Monaten für 30 Millionen Euro weniger zu haben sind? Szenarien, die für Stars vom Kaliber eines Leroy Sané oder Kai Havertz denkbar sind.
Der lauthals verkündete Transfer-Stopp der Bayern macht also Sinn. Problem dabei: Der Verein hat personell akuten Handlungsbedarf und hat vor Corona selbst eine große Transfer-Offensive für den Sommer 2020 angekündet.
Die Corona-Pause schiebt diese Probleme noch weiter nach hinten. Aber sie werden kommen. Daher ist dem FC Bayern zu wünschen, dass der Ball so schnell wie möglich wieder rollt und die vielen offenen Fragen beantwortet werden können. Klingt zynisch, liegt aber in der Verantwortung eines Profivereins.
Daniel.Mueksch@ovb.net