Bayerns Transferpläne

Weiter, immer weiter – derzeit riskant

von Redaktion

HANNA RAIF

Die Nachrichten kommen aus allen großen Ligen, aber hellhörig wurde man bei den Worten aus Manchester. „Niemand“, ließ United-Chef Ed Woodward verlauten, „sollte sich Illusionen hingeben, was die Größe der Herausforderungen angeht, vor die der Fußball gestellt wird.“ Für seinen Club hieße das, im Sommer keine großen Transfers anzupeilen. Keinen Jardon Sancho, keinen Harry Kane. Und jeder, der Gerüchte über dreistellige Millionen-Transfers schüre, verkenne die Realität.

Relativ zeitgleich wurden in München Aussagen von Hasan Salihamidzic publik. Und wäre man gemein, könnte man die Worte von der Insel direkt weiterdrehen und den FC Bayern als realitätsfremd bezeichnen. Der Sportdirektor des deutschen Rekordmeisters nämlich kündigte gleich zwei Transfers an, die sich als relativ kostspielig erweisen dürften. Ein Toptalent und ein internationaler Star stehen auf der Wunschliste des Branchenführers, auf den die Corona-Krise offensichtlich keinen Einfluss hat. Genauso wenig wie auf die langfristige Bindung gestandener Topspieler – die in der Regel auch nicht zu erzielen ist, ohne eine Stange Geld in die Hand zu nehmen.

Man will die Krise nicht ausnutzen, um die Preise zu drücken, hat Karl-Heinz Rummenigge vor einigen Wochen angekündigt. Das wirkte damals nicht nur freundlich, sondern auch überaus sozial und fair; nur ist das Ausmaß der Krise schon heute ein anderes als kurz nach der Unterbrechung der Bundesliga-Saison. Kaum einer weiß so ganz genau, wann der Ball wieder rollen wird. Ebenso unklar ist, ob es tatsächlich einen Meister oder gar einen Champions-League-Sieger geben wird. Und ganz gewiss niemand kann voraussagen, wann der Fußball wieder so ausgetragen werden kann wie früher. Der Schluss liegt nahe, dass das lange dauern wird. Weil diese Pandemie schwer einzuschätzen ist – und weil die Folgen für eine Branche, die sich selbst aufgepumpt hat, noch immenser ausfallen werden als auf andere.

Es ist das gute Recht der Bayern, ihre Planungen couragiert anzugehen. Denn wer jahrelang mehr als solide gewirtschaftet hat, hat einen Vorsprung, der nun von Vorteil ist. Trotzdem ist er endlich, weil er Parameter (TV-Gelder, Sponsoring, Transfereinnahmen) beinhaltet, die – je länger die Krise dauert – anfällig sind. Man kann ihnen nur wünschen, dass die hohen Herren des FCB mit Weitsicht und Flexibilität planen. „Business as usual“ (oder im Bayern-Jargon: „weiter, immer weiter“) ist derzeit riskant. Sonst ist man irgendwann einer von vielen.

Hanna.Raif@ovb.net

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