Das war es dann also mit der Aufarbeitung der Sommermärchenaffäre. Verjährt ist sie seit gestern, die Sache. Die Schweizer Justiz, die den Fall an sich riss, hat sich blamiert. Vielleicht sogar blamieren wollen, das legen die Spezl-Verbindungen zwischen dem Ermittler Michael Lauber und der FIFA nahe. Aufklärungsdruck fühlt sich jedenfalls anders an.
Von der deutschen Öffentlichkeit kam er freilich zuletzt auch nicht mehr. Viereinhalb Jahre schwelte die Geschichte um den komplizierten Geldfluss von 6,7 Millionen Euro vor sich hin, viele haben auch nie einen Anlass gesehen, sich zu empören. In der Argumentation gingen sie davon aus, dass die WM-Bewerber diese Summe zum Stimmenkauf einsetzten (eine mögliche Variante, aber eben nicht die einzige) und diese doch eigentlich gut angelegt gewesen wäre. Motto: 6,7 Millionen Euro – das war aber günstig damals. Und: Haben eh alle gemacht, war auch in der Wirtschaft in Zeiten, als „Compliance“ noch kein Begriff war, so üblich.
Eine verbreitete, aber fatale Haltung. Denn wo einer betrügt, muss es einen Betrogenen geben. Das ist wie beim Doping. Verfolgung ist nötig, um die zu schützen, die sich ans Fair Play halten. Jedenfalls ist für das Geschachere zwischen Robert Louis-Dreyfus, Franz Beckenbauer und Mohammed bin Hammam nie eine Erklärung geliefert worden, die einer Nachprüfung standgehalten hätte. In irgendeiner Tasche ist für irgendeine Dienstleistung das Geld gelandet – und irgendeiner ist eben nicht der Ehrenmann, der zu sein er der Sportwelt vorgespielt hat.
Der Prozess, der nun ohne Urteil bleibt, wurde zur Farce. Zwar richtete er sich wohl nicht zu Unrecht gegen den dubiosen Ex-FIFA-Mann Urs Linsi und den DFB-Alleswisser Horst R. Schmidt, doch Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach waren zur Zeit, als die WM nach Deutschland geholt und organisiert wurde, Randfiguren. Natürlich geht es bei der ganzen Affäre um Franz Beckenbauer und seine Berater-Entourage, diese Leute aber, über deren Käuflichkeit Bücher geschrieben wurden, haben sich trickreich der Strafverfolgung entzogen.
Auch wenn er der Geschichte juristisch unbeschadet entkommt: Auf der letzten Etappe seines Schaffens hat Beckenbauer den Status als Lichtgestalt verloren. Schade, denn er war mit seinen Erfolgen und in seiner Art ein Großer, den man mit dem Gefühl der WM verbinden wird, die das Land zu seinem wirklich schönen Sommermärchen machte. Nun hinterlässt er Fragen. Sie werden unbeantwortet bleiben.
Guenter.Klein@ovb.net