Das Gold-Steak. Fast vergessen, dabei hat es die Nachrichtenlage beim FC Bayern lange bestimmt. Mit Gewissheit kann man von diesem kleinen Stück Fleisch sagen, dass über wohl kein Gericht im deutschen Profi-Fußball jemals mehr diskutiert worden ist. Franck Ribery hat es – auf der Karte mit 1200 Euro ausgewiesen – auf Einladung des Wirts verspeist, sich über Kritiker aufgeregt und eine hohe Geldstrafe akzeptiert. Alles in allem ein Vorgang, der schon damals für Kopfschütteln gesorgt hat – und es heute, wo das Wort „Gold-Steak“ mal wieder ausgesprochen wurde, noch mehr tut.
Hans-Joachim Watzke war es, der dieses Beispiel wieder auf die Agenda gebracht hat. Der BVB-Boss nutzte es aber nicht, um dem Dauerrivalen aus München krumm zu kommen. Sondern um auf die Erkenntnis aufmerksam zu machen, die er und zahlreiche Kollegen in der Corona-Krise gewonnen haben. Das schillernde Fußball-Geschäft, die protzigen Stars, die horrenden Gehälter, die utopischen Ablösesummen kommen nicht mehr an.
Ein Zufall ist es nicht, dass die Debatte um die Wiederaufnahme der Bundesliga derart polarisiert. Ja, die Menschen lieben ihren Fußball nach wie vor. Sie wollen am Wochenende Konferenz schauen, schöne Tore bejubeln und über Schiedsrichterentscheidungen debattieren. Sie wollen aber nicht dabei zusehen, wie ihre Lieblingsfreizeitbeschäftigung in einer Scheinwelt stattfindet, deren Zugang exklusiv ist. Unnahbare Profis, unfassbare Summen und undurchsichtige Entscheidungen auf vielen Ebenen haben dafür gesorgt, dass viele Fans nicht mehr hinter dieser Branche stehen. Daran ist sie selbst schuld.
Wenn DFL-Boss Christian Seifert nun von einem Reformprozess spricht und eine Taskforce „Zukunft Profifußball“ anregt, mag das für viele zu spät kommen. Der Wille, die Schraube zurückzudrehen, ist aber auch bei Entscheidungsträgern wie Watzke und Karl-Heinz Rummenigge gewachsen – der Liga ist es ernst. Im Raum stehen eine Gehaltsobergrenze oder die Erhöhung der Eigenkapitalquote, gute Ansätze. Dass sie rechtlich wie politisch im kontinentalen Wettbewerb schwer umzusetzen sind, sollte nicht abschrecken. Jede Debatte ist besser als ein „Weiter so“. Watzke brachte übrigens auch die passende Vokabel „puristisch“ ins Spiel, der Fußball soll sich zurückbesinnen. Auf ein gutes altes Holzfällersteak zum Beispiel. Das schmeckt ja auch.
Hanna.Raif@ovb.net