Christian Seifert ist ohne Frage der Mann der Stunde im deutschen Fußball. Der Chef der Deutschen Fußball Liga (DFL) erweckt bei seinen zahlreichen TV-Auftritten stets den Eindruck, auf sämtliche Eventualitäten im Hinblick auf den bevorstehenden Bundesliga-Neustart während der Corona-Pandemie vorbereitet zu sein – auch und vor allem wegen des viel zitierten DFL-Hygienekonzepts. Das wurde bekanntlich in enger Absprache mit der Politik und dem Gesundheitswesen unter der Leitung von Nationalmannschaftsarzt Tim Meyer erstellt und hat nur ein Ziel: die Bundesliga mit Geisterspielen zu beenden.
Doch auch das von allen Seiten so hochgelobte Hygienekonzept konnte nicht verhindern, dass sich Zweitligist Dynamo Dresden nach zwei weiteren Corona-Fällen mit seinem gesamten Kader inklusive Trainer und Betreuern in eine zweiwöchige Quarantäne begeben muss. „Wir haben in den zurückliegenden Wochen sowohl personell als auch logistisch einen enormen Aufwand betrieben, um alle vorgeschriebenen medizinischen und hygienischen Maßnahmen strikt umzusetzen“, sagt Dresdens Sportgeschäftsführer Ralf Minge – und klingt dabei schon etwas vorwurfsvoll in Richtung DFL.
Genau das ist der Punkt: Bis zum jetzigen Zeitpunkt haben DFL-Chef Seifert und die Club-Bosse der größten deutschen Vereine, Karl-Heinz Rummenigge und Hans-Joachim Watzke, nahezu alles richtig gemacht, um für einen Restart-Termin der Bundesliga zu sorgen. Doch selbst dieses mächtige Trio, stets mit dem DFL-Hygienekonzept bewaffnet, ist gegen eine entscheidende Sache nicht gefeit: gegen die Ausbreitung des Virus.
Das Beispiel Dresden zeigt, wie dünn das Eis ist, auf dem sich der deutsche Profi-Fußball aktuell bewegt. Wer in den vergangenen Wochen Spielern und Fans stets einen verantwortungsvollen Umgang mit Corona gepredigt hat, muss das auch selbst tun. Sollte sich in den nächsten Tagen und Wochen herausstellen, dass trotz des Hygienekonzepts die Gesundheit von Spielern, Trainern, Betreuern und deren Familien wegen der Wiederaufnahme des Spielbetriebs nicht gewährleistet werden kann, dann darf der Endspurt der Bundesliga nicht um jeden Preis durchgeboxt werden.
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