Eingecremte Hände – Debüt wird verschoben

von Redaktion

Heiko Herrlichs Quarantäne-Verfehlung hat Folgen: Am Samstag beim FCA nicht auf der Bank

VON GÜNTER KLEIN

Augsburg – „Einmal habe ich unerlaubt die Quarantäne verlassen“, erzählte Heiko Herrlich am Donnerstagmittag freimütig von einem Vorfall aus den vergangenen Tagen, an denen er mit dem FC Augsburg, seinem Team, ins Hotel in Bobingen bei Augsburg eingerückt war. „Ich brauchte Zahnpasta und Handcreme.“ Er wollte den Journalisten eine launige Anekdote bieten. Die kam aber nicht gut an. Am Abend erklärte Herrlich, dass er einen Fehler gemacht habe und ihn bedauere. Seine Konsequenz: Er wird heute nicht das Training leiten und am Samstag gegen den VfL Wolfsburg für den FC Augsburg nicht auf der Bank sitzen. Es wäre sein Debüt gewesen.

Die Zahnpasta-und-Creme-Geschichte, wie Heiko Herrlich sie erzählte: Er verließ das Quarantänehotel. Mit der Absicht einzukaufen. Er trug den FCA-Trainingsanzug und hatte einen 20-Euro-Schein einstecken. Dann merkte er: Maske vergessen. Zurück ins Hotel, Maske geholt. In den Supermarkt wollte man ihn nicht reinlassen. Er müsse einen Einkaufswagen nehmen – auch wenn er die benötigten Sachen mit den Händen raustragen könne. Heiko Herrlich musste den Schein kleinmachen lassen, vergaß dennoch den Wagen, war bereits im Laden, ging wieder raus, kaufte ganz offiziell ein und machte sich anschließend Gedanken über seine Außenwirkung: „Falls die Dame mich erkannt hat, wird sie denken: Was haben wir da für einen Trainer geholt?“

Heiko Herrlich ist die Hauptfigur in einer der kuriosesten Geschichten rund um die Corona-Krise. Am 8. März hatte der FC Augsburg unter Trainer Martin Schmidt beim FC Bayern 0:2 verloren und wurde freigestellt. Am 10. März trat Herrlich die Nachfolge des Schweizers an und ging davon aus, dass er am 15. März gegen den VfL Wolfsburg mit einem Heimspiel debütieren würde. Die Aufstellung hatte er im Kopf. Die Lage veränderte sich stündlich – und nun ist der 16. Mai „der Tag X“. Für das Spiel. Aber eben nicht für Herrlich, der erklärte: „„Ich habe einen Fehler gemacht, indem ich das Hotel verlassen habe. Auch wenn ich mich sowohl beim Verlassen des Hotels als auch sonst immer an alle Hygienemaßnahmen gehalten habe, kann ich dies nicht ungeschehen machen. Ich bin in dieser Situation meiner Vorbildfunktion gegenüber meiner Mannschaft und der Öffentlichkeit nicht gerecht geworden.“ Erst eine Woche später beim FC Schalke wird er erstmals als Trainer des FCA bei einem Spiel auftreten können.

Die Vorbereitung des F Augsburg bringt die Herrlich-Geschichte natürlich durcheinander. Was die Lage des FCA betrifft, gilt noch seine zwei Monate alte Einschätzung. „Letzter in der Rückrundentabelle, nur fünf Punkte von einem Abstiegsplatz entfernt. Das hat mit einer Passquote unter 60 Prozent zu tun und mit einer niedrigen Quote im Ballbesitz. Die Lauf- und Sprintwerte waren gut, aber man ist nur dem Ball hinterhergelaufen.“ Martin Schmidt hatte auf Umschaltfußball gesetzt, ziemlich alternativlos, das fand bei Sportgeschäftsführer Stefan Reuter und Präsident Klaus Hofmann keinen Anklang mehr, ihnen wurde das Tabellenbild zu brenzlig. Heiko Herrlich soll das Team zu mehr Offensive und Dominanz anleiten und zugleich die defensive Stabilität fördern.

„Ich bin nicht Trainer geworden, um wochenlang Passfolgen üben zu lassen“, sagt Herrlich, nahm die Phase ohne Spiele und ohne Zweikampftraining aber für Grundlagenschulung an: „Ein Tennisspieler macht auch Tausende von Rückhandschlägen.“ Er glaubt, Fortschritte der Spieler am Ball zu erkennen.

Was fehlte und sonst bei einem Trainerwechsel dazugehört: Dass sich zuvor selten berücksichtigte Spieler beim neuen Vorgesetzten empfehlen. Da es lange kein richtiges Training und keine Testspiele gab, ein schwieriges Unterfangen. Registriert hat Herrlich, dass Torwart Tomas Koubek, der seinen Platz an den Kollegen Andy Luthe verloren hatte, „sich mächtig reinhaut“.

Aber keine Details zur Aufstellung, Herrlich will Wolfsburg im Unklaren lassen. Klar ist nur: Er fehlt.

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