30. Juni kann gekippt werden

Spiel auf Zeit – und mit der Zeit

von Redaktion

GÜNTER KLEIN

Der vielsagendste Satz in der Mitteilung, in der die Deutsche Fußball-Liga ihre gestrige Videovollversammlung zusammenfasste, lautete: „Das Thema wurde nicht vertiefend erörtert.“ Es ging darum, welche sportliche Regelung man vornehmen solle, falls die Saison nicht zu einem Ende gebracht werden könne. Darüber sollte ja eigentlich entschieden werden, bevor man den Re-Start wagt. Am Mittwoch hieß es dann schon, es werde wohl eine Woche dauern, ehe man zu einer Lösung komme. Nun ist von „in den beiden nächsten Wochen“ die Rede. Und es wird klar: Die DFL spielt auf Zeit, sie schiebt den potenziellen Konfliktstoff vor sich her. Und hofft, dass sie um eine Entscheidung herumkommt, wie mit einem Abbruch nach 27, 29 oder 31 Spieltagen umzugehen wäre. Keine Lösung könnte gerecht sein.

Darum, wer bei einem verfrühten Saisonende als Meister zu benennen wäre, geht es nicht. Der Titel würde zur Nebensächlichkeit. Die Bayern würden keine Flasche Bier verspritzen für eine unvollständige Meisterschaft. Und wenn ein anderer Club gerade oben stünde, hieße es: Die Münchner hätten ihn noch schnappen können.

Relevant ist aber: Wem werden die Plätze für die internationalen Wettbewerbe zugestanden? Und: Wer bleibt in der Bundesliga, wer muss sie verlassen? Das sind Fragen, die über das nächste Budget entscheiden. Oder existenziell sind wie bei Werder Bremen, das Zweiter in der Ewigen Tabelle der Bundesliga ist. Auch nach dem 26. Spieltag wird Bremen auf einem Abstiegsplatz liegen, vielleicht auch nach dem 30. – aber eventuell hätte es noch eine Chance vor dem 34. oder wäre gerettet. Solange Verschiebungen sportlich möglich sind, kann man einen Tabellenstand nicht als abschließend betrachten.

Lange haben die DFL-Mitglieder einmütig agiert. Damit ist es vorbei – wie zuvor in der Politik geschehen, Irgendwann gehen die Interessen zu weit auseinander, keiner will mehr opfern als der andere – ist ja auch menschlich.

Die DFL kommt um schwere interne Konflikte (und Klagen) nur herum, wenn die Saison am Ende 34 Spieltage haben wird. Wenigstens hat sie gestern die Voraussetzungen dafür geschaffen, damit das wieder mehr in ihrer Hand liegt. Gestern beschlossen: Dass das Programm bis 30. Juni durchgepaukt sein muss, ist nicht mehr in Stein gemeißelt. Beim Spiel auf Zeit kann die DFL mit der Zeit spielen.

Guenter.Klein@ovb.net

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