München – Bei diesem Namen startet sofort eine Zeitreise im Kopf. Gabriela Sabatini. Ende der Achtziger, die Neunziger klopfen an die Tür: Deutschland versucht sich am Lambadatanz, feiert freudetrunken den WM-Titel mit Weltfußballer Lothar Matthäus. Im Fernsehen springen braun gebrannte Körper zu Karibik-Klängen in der Bacardi-Werbung ins kühle Nass. Steffi Graf spielt Tennis gegen Gabriela Sabatini. Und gewinnt.
Die deutsche Ausnahmespielerin ist zu jener Zeit auf dem Höhepunkt ihrer Dominanz. Mit dem „Golden Slam“ als Krönung im Jahr 1988. Bei allen vier Grand-Slam-Turnieren triumphiert die Gräfin. Zusätzlich bei den Olympischen Spielen in Seoul. 6:3, 6:3 im Gold-Duell gegen – natürlich – Gabriela Sabatini.
Für Sabatini wird ihre deutsche Dauerrivalin zum Albtraum. Graf sitzt auf dem sportlichen Thron, den ihre argentinische Landsleute eigentlich für sie reserviert haben. Als Überspielerin fliegt die in Buenos Aires geborene Sabatini durch die Jugend. Mit 13 Jahren gewinnt sie als jüngste Akteurin aller Zeiten das wichtigste Nachwuchsturnier überhaupt – den Orange Bowl in Florida. Insgesamt holt sie bei den Juniorinnen sechs Grand-Slam-Titel, führt 1984 unangefochten die Jugend-Weltrangliste an. Allerdings hat da die ein Jahr ältere Graf diese Mädchen-Sphären bereits hinter sich gelassen und schießt in die Weltspitze des Damen-Tennis.
1985 treffen beide Spielerinnen zum ersten Mal aufeinander. In Mawah (USA) auf Hartplatz. Graf gewinnt in drei Sätzen. Genau wie in den zehn folgenden Duellen gegen Sabatini, die sich dennoch unter den ersten fünf der Weltrangliste etabliert. Ausgerechnet in Grafs Gala-Jahr 1988 schlägt Sabatini beim kleineren Turnier in Boca Raton zum ersten Mal ihre Widersacherin. Es entwickelt sich eine Konstante: Sabatini kann Graf immer wieder mal bezwingen, bei großen Turnieren dominiert jedoch die Gräfin. 40 Mal stehen sich beide als Profispielerinnen gegenüber. 29 Mal verlässt die gebürtige Brühlerin als Siegerin den Platz. Doch sie sind mehr als nur Rivalinnen. Sie sind auch Seelenverwandte.
Genau wie Graf ist Sabatini ein äußert introvertierter Charakter. Ihre Scheu geht so weit, dass sie Matches absichtlich verliert, wie sie 1993 gesteht: „Viermal verlor ich im Halbfinale, damit ich nicht mit der Presse reden muss, weil ich wusste, dass ich das Turnier gewinnen kann. Ich war sehr schüchtern und in mich gekehrt.“ Mit ihrer Popularität und dem Medieninteresse kommt sie nicht zurecht: „Die Berühmtheit war ein Problem für mich. Das hat mir nie gefallen. Diese Berühmtheit und das Medieninteresse haben damit zu tun, dass ich nie die Nummer eins der Welt war“, so die attraktive Südamerikanerin mit der starken einhändigen Rückhand. In Graf findet sie eine Freundin auf der oft kalten Tennis-Tour. Beide spielen öfters zusammen Doppel. 1989 gewinnt das Duo sogar den Titel in Wimbledon.
Kurz darauf erlebt die Argentinierin ihre erfolgreichste Zeit als Einzelspielerin. Ihr neuer Coach Carlos Kirmayr zwingt sie, mehr ans Netz zu gehen. Das neue Angriffskonzept geht auf. 1990 besiegt Sabatini bei den US Open das einzige Mal Steffi Graf in einem großen Endspiel und holt den langersehnten Major-Titel. 27 Turniersiege zieren insgesamt ihre Laufbahn.
Nach dem Karriere-Ende 2006 zieht sich Sabatini – wie Steffi Graf – weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück. Macht aber als Geschäftsfrau von sich reden. Ihre eigene Parfümlinie ist bis heute ein globaler Verkaufsschlager. Sie lebt hauptsächlich in Pfäffikon im Schweizer Kanton Schwyz. Hat jedoch auch Häuser in Miami und ihrer Heimat Buenos Aires. Ihr Privatleben hält sie sehr bedeckt. Gerüchte über eine Beziehung zu dem heutigen US-Präsidenten Donald Trump im Jahr 1989 kommentiert sie nie. Nur mit dem argentinischen TV-Moderator Leo Montero zeigt sie sich vor Kameras. Diese Liaison endet 1999.
Wenig überraschend hat die Argentinierin auch für ihren 50. Geburtstag am Samstag kein rauschendes Fest angekündigt. Das letzte Mal in der Öffentlichkeit taucht sie vergangenes Jahr bei den French Open in Paris auf, als die französischen Veranstalter ihr einen Ehrenpreis überreichen. Journalisten und Gäste müssen zweimal hinsehen: Das soll sie wirklich sein? Eine 49-jährige Frau?
Kaum gealtert sieht das morgige Geburtskind aus. Als sei sie einem Jungbrunnen entsprungen und könnte sofort wieder mit den besten Spielerinnen der Welt mithalten. Eine Illusion, die Sabatini in Paris selber auflöst: „Auf keinen Fall kann ich mit der jungen Generation auf Augenhöhe spielen. Ich bin viel älter geworden! Ich trainiere noch, wenn auch nie so viel wie früher. So verschwinden die Muskeln, was natürlich auch am Alter liegt. Ich wollte aber auch schmaler werden – deshalb lebe ich ziemlich gesund.“
So gesund, dass sie auch mit 50 Jahren problemlos in jeder Bacardi-Werbung der Neunziger eine gute Figur machen würde und den Drink schmackhaft macht.
Herzlichen Glückwunsch, Gabriela Sabatini.