Pannen vor dem Re-Start

Das Konzept muss in die Köpfe

von Redaktion

GÜNTER KLEIN

Eigentlich bräuchte die Bundesliga gar nicht mehr zu spielen, um unterhaltsam zu sein – sie hat sich in den vergangenen Wochen als Entertainmentangebot etabliert. Die originellste Netflix-Serie ist nichts gegen all die Geschichten aus dem ja noch ruhenden Fußballbetrieb: Die Live-Übertragung von Salomon Kalou aus der Hertha-Kabine, das ohne Zwang abgelegte Einkaufsgeständnis des Augsburger Trainers Heiko Herrlich – Vorfälle, die in der Ligenleitung zu Panikattacken führten.

Die Sünden selbst sind lässlich, sie bestehen darin, dass ein Spieler Kollegenhände geschüttelt und ein Trainer einen schnellen Einkauf erledigt hat. In normalen Zeiten würde man sagen: Bravo, ein freundlicher Spieler, der gute Laune in die Kabine trägt, ein Trainer, der bodenständig ist und nicht das Dienstpersonal losschickt, wenn er eine Tube Creme und Zahnpasta braucht (für zusammen weniger als 20 Euro). Dass daraus Aufreger werden, beweist: Die Zeiten sind verrückt.

Es ist allerdings auch außergewöhnlich, dass der deutsche Profifußball seine Saison wieder aufnehmen darf, das ist ein Entgegenkommen der Politik, aus dem man eine Bevorzugung der Bundesliga gegenüber anderen Branchen herauslesen könnte. Dafür steht die Deutsche Fußball-Liga aber in der Pflicht. Sie muss das Hygienekonzept, das sie vorgelegt hat und das als tragfähig anerkannt worden ist, auch leben. Mit den Fällen Kalou und Herrlich – beide nicht die Dummköpfe, die mancher in ihnen zu sehen versucht ist – hat sie jedoch unfreiwillig offengelegt, dass sie es nicht verinnerlicht hat. Vor allem wird der Eindruck geschaffen, als glaubten die handelnden Personen gar nicht an die Notwendigkeit eines strengen Konzepts. Dem alten Motto gemäß: Wir, der Fußball, sind zu groß, uns wird schon nichts passieren. Peinlich berührt reagiert man nur, wenn einer wie der Kölner Birger Verstraete sich wirklich mit dem Thema Infektionsgefahr auseinandersetzt.

Auch der Kölner Trainer Markus Gisdol ließ am Freitag jedes Gespür vermissen, als er das Eingeschlossensein im Fünf-Sterne-Ambiente beklagte, während die Normalbürger draußen Eis essen dürfen.

Nun geht es los. Sogar der Jubel wird genormt, Verstöße aus Unkenntnis oder Unverständnis sind absehbar. Es steht zu befürchten, dass in jede denkbare Falle getappt werden wird.

Guenter.Klein@ovb.net

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