Zum Wohl der Spieler

von Redaktion

Warum im Profifußball nun fünf statt drei Wechsel pro Spiel vollzogen werden dürfen

VON GÜNTER KLEIN

München – Lucien Favre, der Mann, der an allem zweifelt, war ohne Einschränkung begeistert. Schon im Revierderby gegen den FC Schalke 04, mit dem es für seine Mannschaft am Samstag (15.30 Uhr) wieder losgeht, darf er fünf Spielerwechsel vornehmen: „Das ist sääähhhrrr gut“, sagte der Schweizer, „das brauchen wir auch.“

Am Donnerstag hatte die Deutsche Fußball-Liga die vom International Football Association Board (IFAB) bereits durchgewunkene Regeländerung übernommen. Sie gilt bis zum 31. Dezember 2020. Vorerst. Eine Verlängerung oder eine feste Übernahme ins Regelwerk ist nicht ausgeschlossen. Das hängt auch von der Entwicklung der Corona-Pandemie ab – denn die ist die Ursache für die Aufstockung des Wechselkontingents.

Es ist eh schon eine Sensation, dass das IFAB so schnell reagiert hat. Das Gremium, dem die vier Urverbände des Fußballs, England, Schottland, Nordirland und Wales mit einem und die FIFA mit vier Vertretern angehören), gilt als stockkonservativ. Eine Regeländerung benötigt eine Drei-Viertel-Mehrheit, oft dauert es Jahre, bis sich eine Idee durchgesetzt hat. Zuletzt ging es schneller, weil technische Möglichkeiten wie das System Goal Control (verlässliche Messung, ob ein Ball die Torlinie vollumfänglich überschritt) und die Videoassistenz über das Argument der Gerechtigkeit für Innovationsdruck sorgten.

In Sachen Aus-/Einwechslungen handelt das IFAB aber vor allem pragmatisch – und zum Wohle der Spieler.

Eine vollumfängliche körperliche Vorbereitung auf den Re-Start in der Bundesliga (und bald auch anderen Ligen) war nicht möglich, Kein Club hatte länger als zwei Wochen Zeit für Mannschaftstraining. Spieler wie der junge Augsburger Marco Richter erzählen, „dass mir nach 70 Minuten die Luft ausgeht“. Die Verletzungsgefahr steigt – auch aufgrund des anstehenden Spielkalenders mit vermehrt englischen Wochen. Auf einige Vereine kommt nach der nationalen Liga noch die Restsaison in den europäischen Wettbewerben zu. Und womöglich nahtlos wird es in die nächste Saison gehen, in der auch die verschobene Europameisterschaft unterzubringen ist.

Nebenaspekt der Übergangsregelung mit fünf Wechseln: Sie sorgt für mehr Zufriedenheit bei den Spielern. Viele Kader in der Bundesliga haben mehr als 30 Plätze, es ist schon schwer, in den Spieltagskader zu gelangen. Von den 20 für eine Partie Nominierten (vor dieser Saison waren es nur 18) können 16 mit einem Einsatz rechnen. Eine Aufmunterung in Zeiten, in denen in der Quarantäne jeder Profi ein bisschen weniger Lebensfreude hat. Außerdem fällt – je nach Vertrag – eine Prämie an, wenn ein Spieler an einem Match wirklich beteiligt war.

Schindluder getrieben kann mit der neuen Regelung nicht. Bisweilen wird ja nur gewechselt, um „Zeit von der Uhr zu nehmen“. Die fünf möglichen Wechsel müssen allerdings auf drei „Slots“ im Spiel beschränkt sein, die Halbzeitpause steht zusätzlich zur Verfügung. Die Spielordnung wurde am Freitag so angepasst.

Doch leider, eine schöne Mediengeschichte entfällt. Die vom Spieler, der dem Trainer bei der Auswechslung den Handschlag verweigert. Die Hand zu reichen wäre nun der Affront.

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