Die Freude in Zeiten von Corona

von Redaktion

Kleine Jubelkunde: Von Dortmunder Alltagsparodie bis zu Berliner Sorglosigkeit

VON GÜNTER KLEIN

München – Ein Wolfsburg-Witz geht immer. Also: Für den von Volkswagen gepamperten Club, den VfL, macht es keinen großen Unterschied, ob Geister- oder Normalspiel ist, oft muss er die Lücken im Stadion (gab es sogar an Champions-League-Abenden) mit dem Schichtbetrieb im Werk erklären. Und auswärts fährt eh kaum jemand mit, weswegen der blanke Beton des Gästeblocks in Augsburg die Spieler nicht hat schrecken können.

Wolfsburgs Trainer Oliver Glasner sagte dennoch nach dem 2:1-Erfolg in Augsburg: „Du möchtest lieber mit deinen Fans vor der Kurve feiern.“ Ein Programmpunkt, der am ersten Wettbewerbstag des „Sonderspielbetriebs Profifußball“ aufgrund der Corona-Krise entfiel. Nach dem Schlusspfiff sind die Spieler allerorten schnell in die Kabinen gegangen. Ausnahme: Dortmund. Dort versammelte sich die Truppe tatsächlich vor der verwaisten Südtribüne. Es war eine großartige Parodie auf die Gewohnheit, die dann noch eine Steigerung erfuhr im Fernsehinterview mit dem jungen BVB-Himmelsstürmer Erling Haaland. Warum man das gemacht habe. „Why not?“, fragte er zurück, „warum nicht?“ War es denn eine Botschaft. – „Yes“ – An wen gerichtet? – „My fans“.

Es war mit Spannung erwartet worden, wie die Spieler den Torjubel gestalten würden, schließlich hält das Hygienekonzept der DFL zum Abstandhalten an. Dortmund setzte dies perfekt um, Haaland, der das 1:0 gegen Schalke schoss, wog sich in den Hüften, ließ sich von den Kameraden aus der Entfernung bestaunen.

Die meisten anderen Akteure des 26. Spieltags fanden eine akzeptable Form, Gratulation oder Wertschätzung auszudrücken. Untereinander, auch gegenüber den Schiedsrichtern oder Spielern des konkurrierenden Teams. Bevorzugt: Unterarm an Unterarm (Freiburgs Trainer Christian Streich: „Unterarm, net Ellaboga, des gibt Stromschlag“), Ghettofaust, Fußgruß (mit den Referees).

Aus der Reihe scherten nur die Hygiene-Spezialisten des Salomon-Kalou-Clubs Hertha BSC. „Die Emotionen – ich kann nicht anders“, erklärte mit treuherzigem Augenaufschlag Vedad Ibisevic seine ausführliche Herzerei mit den Kumpels, denen er auf den Rücken sprang und sie ins Gesicht fasste. Und: „Ich habe unseren Mannschaftsarzt gefragt, ob die Tore nicht gelten würden.“ Der Hertha-Arzt ist wohl Doktor der Regelkunde, und ein Rezept lässt Ibisevic sich vermutlich von Manager Michael Preetz ausstellen.

Gesten und Körpersprache sind Ausdruck der inneren Freude. Und die wurde nicht eingeschränkt durch die Umstände. Wie Oliver Glasner in seinem Resümee sagte: „Es ist gleichschön, mit drei Punkten in den Flieger nach Hause zu steigen.“

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