Götzes letzter „Clasico“

Neue Vorzeichen – klarer Außenseiter

von Redaktion

HANNA RAIF

Immerhin darf Mario Götze in seinem letzten „Clasico“ noch mal ein kleines Jubiläum feiern. Denn wenn der Weltmeister-Torschütze heute Abend gegen 18.28 Uhr auf der Ersatzbank des Dortmunder Stadions Platz nehmen wird, steht sein persönlich 35. Duell zwischen dem BVB und dem FC Bayern an. Mit 27 Jahren, wohlbemerkt – das muss man erst mal schaffen. Zum Abschluss seiner Dortmund-Bayern-Dortmund-Karriere aber wird er trotz all dieser Erfahrung nichts anderes sein als: Statist.

Mario Götze hat viel erlebt. Generell, aber auch und besonders rund um dieses deutsche Gipfeltreffen. Er war als Supertalent dabei, als die Dortmunder die Machtverhältnisse im deutschen Fußball unter Jürgen Klopp in den Jahren 2011 und 2012 ins Wanken brachten. Er war (verletzter) BVB-Spieler beim (schmerzhaften) Höhepunkt dieses Dauer-Duells im Champions-League-Finale von Wembley. Er ließ sich auspfeifen und trug das rote Trikot, als die Bayern ihre Vorreiterrolle wieder zurückeroberten. Er schoss vorsichtshalber keinen Elfmeter, als sein Ex-Club Dortmund den Münchnern im Pokal-Halbfinale 2015 in letzter Sekunde den Double-Traum nahm. Und er konnte dann, als er wieder ein Schwarz-Gelber war, nicht verhindern, dass die Bayern neun der letzten elf Partien dieser Art gewannen. Seine Entwicklung verlief vom Hoffnungsträger zum Bankdrücker – und die des BVB vom Widersacher zum Außenseiter?

Es wäre müßig. die Dortmunder Leistungskurve an einzelnen Spielern festzumachen, aber so sehr man sich auf dieses Duell auch freut: Man sollte es unter den richtigen Vorzeichen betrachten. Da stehen auf der einen Seite die nackten Zahlen: Erster gegen Zweiter, beide auf Tor-Rekordkurs (80 bzw. 74 Saisontreffer), in der Rückrunde ungeschlagen, heim- (BVB) gegen auswärtstärkstes (Bayern) Team, nur Geisterspiel-Siege. Da stehen auf der anderen Seite aber die Eindrücke aus den vergangenen Jahren. Wann immer man dachte, der BVB sei so weit, wurde es bitter. 0:5 und der Verlust der Tabellenführung 2018/2019. 0:4 im Hinspiel dieser Saison. Der Druck war für die jungen Wilden aus Dortmund stets zu groß.

Heuer hat man aus dem Westen keine Kampfansagen vernommen, vielleicht ist das der richtige Weg. Und vielleicht ist ein Spiel ohne Zuschauer auch tatsächlich für die oft unbekümmerten, aber leicht einzuschüchternden Dortmunder von Vorteil. Trotzdem wird der Ausgang der Partie nichts daran ändern, dass dieses (Fern-) Duell im Moment und auch auf Sicht keines auf Augenhöhe ist. Daran allerdings ist Götze nicht alleine schuld.

Hanna.Raif@ovb.net

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