„Warum benötigst du das Geld jetzt?“

von Redaktion

In brisanten Zeiten wie diesen misslingt Vereinen und Ligen oft die Kommunikation

München – Als ein Schreiben des FC Schalke 04 zum Thema „Härtefallregelung“ am Mittwoch in den sozialen Medien die Runde machte, reagierten viele erst einmal misstrauisch: Eine Fälschung? Ein Streich mit Photoshop, gedacht, um den Verein zu diskreditieren? Denn: So spricht man doch nicht mit seinen Fans, seiner Kundschaft. Oder?

Doch leider: Das Dokument war echt. Bei Schalke geht es wie bei derzeit allen anderen Fußballprofi-Clubs darum, dass Leuten, die Dauerkarten haben, sie wegen des Ausschlusses von Zuschauern aber nicht nutzen können, ein Ausgleich angeboten werden muss. Einige Vereine haben den Betrag umstandslos ausgezahlt, andere bevorzugen – und das sieht der Gesetzgeber etwa bei Konzertveranstaltungen vor – ein Gutscheinsystem. Manche Ticketinhaber haben generös auf Rückerstattung in jedweder Form verzichtet, für sie ist es ein Solidarbeitrag, den sie sich leisten können. Das trifft aber nicht auf alle zu. Und für eine nicht erbrachte Leistung muss auch nicht bezahlt werden.

Schalke 04 bietet eine Restwertauszahlung vor dem 1. Januar 2022 an. Allerdings: Die Tonlage, in der dies offeriert wird, war eine erstaunlich barsche. „Warum benötigst du das Geld unbedingt jetzt? Begründe bitte Deinen Härtefallantrag in den folgenden Zeilen. Falls möglich, füge bitte auch entsprechende Belege an.“ Das klang eher so, als schulde der Fan dem Verein etwas – und nicht umgekehrt. Die Reaktionen: Empörung, ein beherztes „Geht euch einen Dreck an“ bis zu Ankündigungen, gewiss keine Dauerkarte mehr zu kaufen. Und es fiel auch die Bewertung: Wie klamm muss Schalke 04 sein?

Nach einem halben Tag im Shitstorm reagierte Schalke mit einer Entschuldigung: Man habe „unpersönliche und wenig empathische Formulierungen“ verwendet. Jeder Antrag werde „wohlwollend bearbeitet“, Belege müsse niemand einreichen.

Die Pandemie und ihre Folgen, dazu die Fragen nach politischer Haltung zu großen Themen, wie sie derzeit aus den USA kommen – eine Kommunikationsherausforderung für Vereine, Verbände, Ligen, Sportler.

Man kann es gut meinen wie die Deutsche Eishockey-Liga (DEL), die zum Komplex George Floyd schrieb: „Rassismus hat auf dem Eis, in diesem Land und dieser Welt nichts zu suchen.“ Verwiesen wurde auf die Aktion „Hockey is Diversity“ (Eishockey ist Vielfalt). Allerdings versah die DEL ihren Beitrag mit dem Hashtag #alllivesmatter – der bevorzugt von denen verwendet wird, die sich dem #blacklivesmatter entgegenstellen. Die DEL korrigierte dann wenigstens ihren Post und entschuldigte sich: „Heute war nicht unser bester Hashtag-Tag. Aber das Problem ist mehr als verstanden.“

Wenig Gespür ließ auch Stefan Holz, der Geschäftsführer der Basketball-Bundesliga, erkennen, der zunächst darauf hingewiesen hatte, dass beim am Wochenende beginnenden Finalturnier keine politischen Statements erlaubt seien. Völlig unverständlich vor dem Hintergrund, dass die deutschen Clubs ja reichlich Kräfte aus den USA beschäftigen. Der Ulmer Spieler Per Günther konterte: Natürlich müsste es erlaubt sein, in dieser Causa Stellung zu beziehen. Die ersten 10 000 Euro Geldstrafe dann gerne auf seinen Deckel. Er hatte die Sympathien auf seiner Seite, die Liga ruderte zurück. Stefan Holz gab am nächsten Tag eine weitere Entschuldigung heraus.

Mancher Fauxpas bleibt aber unter dem Aufmerksamkeitsradar. Sicher nicht feinsinniger Humor war es, den die Düsseldorfer EG auf ihrem „Finalidaritätsticket“ für ein gedachtes DEL-Finale gegen Mannheim am 13. April offenbarte. „Mitbringen von Tröpfchen nicht gestattet. Beschwerden an: Leopoldina Hopkins, An der Covid 19, 52538 Gangelt. Mindestabstand zu Mike P.: bitte zwei Meter.“ Mike P. ist Mike Pellegrims, Co-Trainer Mannheim, Ex-Trainer DEG. Da war noch eine Rechnung offen – beglichen zur Unzeit.

GÜNTER KLEIN

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