Am Ende der Sehnsucht

von Redaktion

Alba Berlin könnte sich beim Final 10 am Sonntag für einen langen Prozess belohnen

München – Als sich das Halbfinale gegen die Baskets Oldenburg seinem Ende näherte, da hatte Marco Baldi seinen besonderen Moment der inneren Zufriedenheit. Der Manager von Alba Berlin ließ den Blick über das Spielfeld schweifen und sah, dass nicht weniger als fünf der Profis auf der Platte das Spiel in Berlin gelernt haben. „Im Halbfinale einer deutschen Meisterschaft“, sagte er, „ich denke, das kann sich schon sehen lassen.“

Überhaupt trägt der Basketball im Land dieser Tage wieder stark das Siegel der Hauptstadt. Berlin spielte eine respektable Saison in Europa, Alba holte den Pokal und nun greift der Verein beim Quarantäne-Turnier Final10 in München in den Finalspielen heute (20.30 Uhr) und am Sonntag (15 Uhr) gegen die Riesen Ludwigsburg nach der ersten Meisterschaft seit 2008.

Und Baldi ahnt, dass ein Titelgewinn seiner Profis einen Prozess veredeln würde, den er mit seinem Verein schon vor rund 15 Jahren eingeleitet hat. Ziemlich genau so lange ist es her, seit Albas Macher für sich den Entschluss fassten, dass sie mehr sein wollten als ein kühler Profibetrieb. Vielleicht auch mehr sein mussten, in einer Stadt mit 100 Erstligisten. Der Verein begann, sich an der Basis in den verschiedenen Berliner Stadtvierteln zu engagieren. Die Sache hat gewaltige Dimensionen erreicht. Heute beschäftigen 120 Trainer (davon 75 Hauptamtler) wöchentlich rund 10 000 Kinder. Ein gutes Drittel ihres Budgets lassen sich die Albatrosse das kosten. Für Baldi eine Herzenssache, und zwar eine, die „Identifikation schafft“.

Das hat nicht immer jeder verstanden in der Hauptstadt. Erst recht nicht als der erfolgsverwöhnte Club das Rampenlicht vermehrt den Rivalen aus dem Süden überlassen musste. Und wahrscheinlich hat es einer besonderen Personalentscheidung bedurft. Vor drei Jahren lotste Alba den spanischen Traineraltmeister Aito Garcia Reneses nach Berlin.

Der 73-Jährige, den auch Finalgegner John Patrick ehrfürchtig als „Gottvater der europäischen Trainer“ bezeichnete, war in seiner ganzen Karriere ein Mann, der mit Vorliebe Spieler selbst entwickelte. Und er bastelte auch in Berlin aus Talenten und hungrigen Zukäufen ein Ensemble, das gerade in diesem Jahr mit attraktivem, schnellen Basketball begeistert. Weil sie ihm aber auch die Zeit gegeben haben. Über drei Jahre hat der Madrilene, den alle nur „Coach Aito“ nennen, das heutige Ensemble aufgebaut. Hat dabei auch bittere Niederlagen hinnehmen müssen. Fünf Finals in Bundesliga, Pokal und Eurocup gingen verloren. Erst das sechste Endspiel im diesjährigen Pokal gegen Oldenburg endete für Garcia Reneses mit einer Trophäe. Das siebte gegen die unangenehmen Ludwigsburger könnte nun auch für ihn die Krönung seiner Ära in der Bundesliga mit sich bringen.

Ein Weg, der auch die Konkurrenz beeindruckt. Als Bayerns Sportdirektor Daniele Baiesi dieser Tage über den zu erwartenden Umbruch in München sprach, sagte er: „Was Alba gemacht hat, ist richtig gut.“ PATRICK REICHELT

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