Bremen – Für Florian Kohfeldt fühlte sich die Rettung in die Relegation nicht wie ein neues „Wunder von der Weser“ an. „Das wäre mir zu hochgegriffen“ sagte der Trainer von Werder Bremen nach dem überlebenswichtigen 6:1 (3:0)-Sieg gegen den 1. FC Köln: „Wir sind uns vollkommen bewusst, dass wir noch nichts erreicht haben.“
Während vor dem Weserstadion und in der ganzen Stadt Fans berauscht und nicht immer coronakonform über den Sprung auf Rang 16 in letzter Sekunde jubelten, kreisten Kohfeldts Gedanken längst um die anstehenden K.o.-Spiele gegen den 1, FC Heidenheim. „Die brutale Drucksituation bleibt bestehen“, sagte der Werder-Coach: „Denn jetzt haben wir die nächsten zwei Endspiele.“ Werder ist immer noch in großer Gefahr, der zweite Abstieg nach 1980 droht nach wie vor. Am Donnerstag steigt Teil eins der Entscheidungsspiele im Weserstadion (20.30 Uhr/DAZN und Amazon), das Rückspiel ist für den darauffolgenden Montag (6. Juli) angesetzt.
Am Sonntag ging es also schon wieder auf den Trainingsplatz. Freilich mit einem ganz anderen Gefühl, denn die Situation der Bremer hat sich durch den eigenen Auftritt und den Sieg von Union Berlin gegen Werders Konkurrenten Fortuna Düsseldorf natürlich stark verändert. „Jetzt ist die Tür wieder offen, die Chance ist da“, sagte Aufsichtsratsboss Marco Bode, der am Sonntag im Sport1-Doppelpass anfügte: „Wir sind selbstbewusst, aber auch vorsichtig, da wir in dieser Saison nach Erfolgen immer wieder Negativerlebnisse hatten.“
Werder hat es wieder in der eigenen Hand, den Absturz am Ende einer katastrophalen Saison zu verhindern. Und die Hanseaten haben sich durch den Kantersieg gegen Köln mit Selbstvertrauen vollgepumpt. „Wir waren so häufig tot, wir waren so häufig abgeschrieben dieses Jahr“, sagte Kohfeldt, der sich über den „kleinen Vorteil“ für die Planung freute, „dass wir erst ein Heimspiel haben und keine Reiselogistik zu bewältigen ist“. Nun gelte es zu regenerieren und die Sinne schnell wieder zu schärfen. Letzteres wünscht sich Kohfeldt auch von den Werder-Fans, die der Polizei in der Nacht zu Sonntag viel Arbeit bereiteten. „Wir sind immer noch in einer Pandemie“, sagte der Familienvater und bat die Anhänger zu Hause zu bleiben. Die Polizei appellierte mit Blick auf Donnerstag, dass die Anhänger nicht „unnötig Polizeikräfte binden“ sollten.
Ein Thema war auch die geringe Gegenwehr von Köln, FC-Torjäger ließ sich nach dem Spiel bei der Abfahrt des Mannschaftsbusses bereitwillig vom Werder-Anhang feiern. Jedenfalls: Dass man, ohne dass es noch um viel geht, engagiert auftreten kann, zeigte Union Berlin – Leidtragender: Fortuna Düsseldorf, das durch das 0:3 an der Alten Försterei den Relegationsplatz an Bremen abtreten musste und direkt abstieg. Die bittere Realität für Fortuna: Nur noch 21 statt 38 Millionen Euro Fernsehgeld, 17 Spielerverträge laufen aus. Trainer Uwe Rösler bleibt, obwohl sein entlassener Vorgänger Friedhelm Funkel, der im Falle des Klassenerhalts eine halbe Million Euro bekommen hätte, lästert, dass der Abstieg „völlig unnötig“ gewesen sei.
Uwe Rösler benahm sich weniger revanchistisch. Vorwürfe an Köln für die Vorstellung bei Union unterließ er: „Ich habe immer gesagt: Selbst ist der Mann.“ Seine Arbeit in Düsseldorf bewertet er positiv: „Seit ich hier durch die Tür gekommen bin, hat die Mannschaft mir alles gegeben, wir haben am Limit gespielt, uns aber teilweise nicht belohnt.“ Seine Aufgabe nun: Neuaufbau. „Die Chance, es wiedergutzumachen.“