Im Monatsmagazin „11 Freunde“ gibt es die schöne Rubrik „Der Fußball. mein Leben & ich“, darin erzählen frühere Kicker aus ihrer Zeit – nun ohne die Autorisierungsfilter von Vereinen und ohne diplomatische Rücksichtnahmen. Nun kommen mit zehn, zwanzig, dreißig Jahren Verspätung auch die kleinen Sünden von damals ans Licht. Die heimlichen Partys, die Streiche. Irgendwann also werden wir auch erfahren, dass sich gewiss nicht alle Fußballprofis, die in der Saison 2019/20 in der Bundesliga tätig waren, in den Monaten Mai und Juni an das gehalten haben, was das Protokoll der DFL ihnen vorschrieb. Es gab doch sicher bis jetzt noch unentdeckt gebliebene Friseurbesuche und Ausreißnächte aus Quarantäne-Trainingslagern – vielleicht auch Corona-Testergebnisse, die die Öffentlichkeit nie erfahren sollte, und muskuläre Probleme, die Halsschmerzen und Verlust von Geruchs- und Geschmackssinn waren.
Nach jetzigem offiziellen Wissensstand hat das Hygienekonzept, das die Deutsche Fußball Liga auflegte, funktioniert, und die Ungewissheit, ob man eine Saison technisch zu Ende bringen kann in Zeiten einer Pandemie, besiegt. Der Profifußball hat sich fürs Erste gerettet – das Gegenszenario von etlichen Insolvenzen und einer Veränderung der Vereinslandschaft war nicht unrealistisch gewesen. Ein befreiender Schlussstrich kann mit dem 34. Spieltag aber noch nicht gezogen werden, denn es besteht keine Klarheit über die weitere Entwicklung der Seuche – und daran hängt eben, wann der Fußball endgültig in den Alltag als Livepublikumssport zurückkehren kann. Wieder uneingeschränkt ins Stadion gehen zu dürfen, eine Arena mit Leben zu füllen – das ist der Moment, den viele herbeisehnen.
Allerdings gibt es auch Gruppierungen, die sich seitens des Profifußballs ein Überdenken dessen wünschen, was zu seiner Realität geworden war: Maßlosigkeit auf allen Ebenen. Die DFL hat zuletzt oft von Demut gesprochen. War das ernst gemeint oder nur PR in Zeiten, in der man zwischen unterhaltenden und systemrelevanten Branchen unterschied? Nun, gehen wir davon aus, dass der Fußball schon gehörig Druck auf die politischen Entscheidungsträger ausgeübt hat. Weil er sich eben doch als die Sonne sieht. Er ist durch diese heikelste Phase gekommen, hat einen neuen TV-Vertrag und wird sich fragen: Muss ich wirklich anders werden?
Guenter.Klein@ovb.net