Über Masse und Kilos spricht man eigentlich nicht, aber Hansi Flick hat das Thema ja selber auf die Agenda gebracht. Er habe gar nicht gewusst, wie stark seine Spieler seien, dass sie – Zitat – „das Gewicht hochkatapultieren können“. Der Bayern-Trainer meinte damit seinen eigenen Körper, der am späten Samstag von rund 20 Männern in den Berliner Nachthimmel geworfen wurde. Freilich, es gab schon Trainer, die höher in der Luft standen, Pep Guardiola zum Beispiel, ein echtes Fliegengewicht. Das Wie aber ist sowieso egal. Denn die simple Gleichung heißt: Wer fliegt, zählt.
Niko Kovac wurde die Ehre nicht zu teil, Carlo Ancelotti gleich zwei Mal nicht, bei ihnen waren Bierduschen das höchste der (Profi-) Gefühle. Die wohl schönste Flugeinlage hingegen ist von Heynckes in Erinnerung geblieben. Im Vergleich zu 2020 waren 2013 Fans im Stadion, die Kulisse war einmalig. Und Heynckes hatte den seltenen Vorteil, dass das Pokalfinale vor sieben Jahren nicht eine Woche vor, sondern nach dem Champions-League-Endspiel stattfand. Sein Flug war also ein Triple-Flug.
Auch am Samstag wurde viel vom Triple gesprochen. Zurecht, wenn man den Auftritt des Double-Siegers auf dem Rasen als Maßstab nimmt. Die Bayern können und wollen, alle gemeinsam für ein Ziel. Das hat es so in dieser Art lange nicht gegeben. Der Pokal-Triumph hat nun nur bestätigt, was man vorher schon wusste: Diese Truppe hat in den vergangenen sieben Monaten das Selbstverständnis entwickelt, dass kommen kann, was wolle – sie macht ihr Ding. Das gilt für Dortmund oder Leverkusen. Und man hofft, dass es auch für Chelsea gilt – und später Real Madrid, Barcelona, Paris oder Juve.
Die Träume sind groß und berechtigt. Stand heute kann sich der FC Bayern als ein Top-Favorit auf den Henkelpott sehen, um den im August in Lissabon gespielt wird. Trotzdem sollte man die Unwägbarkeiten auf dem Weg dorthin nicht außer Acht lassen. Es wird sich erst zeigen, ob sich die lange Pause bis zum Finale dieser Saison leistungssteigernd oder -schwächend auswirkt. Zudem kann der vermeintliche Vorteil von nur einem K.o.-Spiel pro Runde an einem schlechten Tag auch ein Nachteil sein. Um im Bild zu bleiben: Wer nicht liefert, fliegt.
Dass Flick schon seit Samstag eine andere, schönere Art des Fliegens kennt, ist da nur gut. Noch so einen schwerelosen Moment, am 23. August in Lissabon – das wär’s. Spätestens dann wäre Abheben erlaubt. Und Flick in der Clubgeschichte endgültig: ein Trainer von Gewicht.
Hanna.Raif@ovb.net