Sebastian Vettel und Ferrari

Ein deutscher Held im freien Fall

von Redaktion

DANIEL MÜKSCH

Vielleicht hilft bei dem Versuch, Sebastian Vettel und seinen Zorn zu verstehen, ein Ausflug in seine Vergangenheit: Im November 2011 sind über 30 000 Motorsport-Fans auf den Beinen. Die Stadt Heppenheim bereitet ihrem berühmtesten Sohn einen gebührenden Empfang. Die halbe Innenstadt ist gesperrt. Auf der Bühne halten Popstar Xavier Naidoo und Comedian Bülent Ceylan die wartenden Fans bei Laune. Der Nachrichtensender n-tv überträgt live. Der frisch gebackene Weltmeister Vettel schwebt im Red-Bull-Helikopter ein. Und die Menge kennt kein Halten mehr.

Diese Sphären hat er längst verlassen. Doch sie haben seine Ansprüche geprägt. Und nun soll der Vierfach-Weltmeister plötzlich zum Prügelknaben der Konkurrenz, TV-Experten und des eigenen Teams werden?

Es ist traurig, was gerade rund um Vettel bei Ferrari passiert. Die Hauptschuld an seiner Demontage trägt der 33-Jährige allerdings selbst. Die unerklärlichen Fahrfehler aus der vergangenen Saison konnte er auch im ersten Geisterrennen nicht abstellen.

Noch schädlicher für sein Ansehen sind seine Schuldzuweisungen in Richtung seines Arbeitgebers Ferrari nach dem Rennen. So steht er nicht nur wie ein schlechter Verlierer da, sondern verliert langsam jegliche Unterstützung im Team. Diese benötigt er jedoch dringend. Nur so kann er noch einige Bewerbungsrennen in den nächsten Wochen abgeben. Sein mit vier WM-Titeln gespickter Lebenslauf reicht nicht mehr. Vettel muss beweisen, dass er immer noch mit den jungen Wilden wie Max Verstappen, Charles Leclerc oder Carlos Sainz mithalten kann. Nur so darf er auf ein Cockpit für die nächste Saison hoffen.

Mercedes hat dieser Hoffnung bereits eine Absage erteilt. Firmen-Boss Ola Källenius verkündete am Rande des Formel-1-Auftakts in Spielberg kühl, dass man keinerlei Veranlassung sehe, das aktuelle Duo Hamilton/Bottas auszutauschen.

Viele solcher Auftritte wie in Österreich darf sich Vettel nicht mehr erlauben. Auf und abseits der Piste. Er wäre nicht der erste Fahrer, der bei auslaufendem Vertrag noch während der Saison ersetzt wird. Aber der erste vierfache Weltmeister, der dieses Schicksal erleidet.

Der Ehrenbürger von Heppenheim muss schnellstens wieder in die Spur finden. Sonst droht der Totalschaden.

Daniel.Mueksch@ovb.net

Artikel 1 von 11