Nürnberg entdeckt seinen Nürnberger

von Redaktion

Im ersten Relegationsspiel zur 2. Liga kauft der „Club“ Ingolstadt den Schneid ab

Nürnberg – Michael Wiesinger konnte selbstverständlich nicht umhin, den Mann des Abends zu loben. Dass ausgerechnet ein Nürnberger namens Nürnberger den „Club“ zum Sieg im ersten Relegationsspiel gegen den Drittligisten FC Ingolstadt (2:0) geschossen hatte, war angesichts des Namens ein netter Zufall. Dass der gebürtige Hamburger Fabian Nürnberger mit seinen ersten beiden Treffern als Profi (22., 45.) zum Matchwinner wurde, lag aber auch am Trainer Wiesinger. Und am Spieler Wiesinger.

„Für mich“, sagte der Übergangstrainer des 1. FC Nürnberg, sei der 20 Jahre alte Nürnberger „ein klassischer Außenspieler – wahrscheinlich, weil ich selbst so einer war.“ Wiesinger hat Nürnberger am Dienstagabend deshalb einfach mal auf die linke Seite im Mittelfeld gestellt, und dort spielte der junge Mann so gut, dass sich die Frage aufdrängte: Warum hat er nicht schon die ganze Saison dort gespielt? Nur 16-mal kam Nürnberger zum Einsatz unter den Trainern Damir Canadi und Jens Keller.

„Der Fabi“, sagte der frühere rechte Außenspieler Wiesinger, „ist ein Spieler, der sich gut in den Zwischenräumen bewegt, der einen guten Abschluss hat mit links. Wenn er den Ball am linken Fuß hat, trifft er die lange Ecke.“ Und außerdem sei Nürnberger ein „Junge, der das Herz am rechten Fleck hat, der aus unserem Nachwuchsleistungszentrum kommt, warum soll man so einen nicht auf einer Position laufen lassen, wo er seine Fähigkeiten einsetzen kann?“. Ja, warum eigentlich nicht?

Wiesinger und sein Kompagnon Marek Mintal fanden gerade noch rechtzeitig eine Antwort auf diese Frage – und weitere. Nach einer bisher missratenen Saison trat der „Club“ den Abgrund vor Augen plötzlich wie ausgewechselt auf, wie beseelt. „Sie sind in unsere Herzen gekommen“, sagte Torhüter Christian Mathenia über die emotionalen Tage unter Wiesinger und Mintal. „Extrem heiß“ hätte das Retter-Duo die Mannschaft gemacht, ergänzte Doppeltorschütze Nürnberger.

Um der Mannschaft die Leidenschaft zu vermitteln, musste auch Wiesinger selbst erst mal „Gas geben“, wie er bekannte: Derart feurig aufzutreten, ist sonst nicht seine Sache. Die Emotionen übertrugen sich nicht zuletzt auf den wie besessen kämpfenden Mittelstürmer Mikael Ishak, vor rund zwei Jahren eine prägende Figur beim Aufstieg des „Club“ in die Bundesliga. „Kämpferisch und fußballerisch“ hätten die Nürnberger seiner Mannschaft den „Schneid abgekauft“, sagte Ingolstadts Trainer Tomas Oral.

Ob dem Zweitligisten das 2:0 reicht fürs Rückspiel am Samstag (18.15 Uhr/ZDF, Amazon, DAZN) in Ingolstadt? Wiesinger wurde energisch: Er sei „nicht so naiv“ zu glauben, dass das schon die Entscheidung gewesen sei. „Im Fußball“, mahnte Nürnberger, „sind schon die verrücktesten Dinge passiert“. Und gerade der „Club“ war schon oft genug der Depp.  sid

Artikel 1 von 11