Kovac: Neustart in Monaco

Gute Chance – weise Entscheidung

von Redaktion

HANNA RAIF

Die Fußball-Medienlandschaft ist in anderen Ländern etwas aufgeregter als in Deutschland, aber diese Zahl aus Italien ist trotzdem unfassbar. Als Hasan Salihamidzic vor rund zehn Jahren bei Juventus Turin kickte, machte er sich mal den Spaß, Gerüchte zu zählen. Sein inoffizielles Studien-Thema: Angebliche Neuzugänge bei Juve. Sein Untersuchungsobjekt: Die Zeitung „Tuttosport“, eine Sommer-Transferphase lang. Sein Ergebnis: 388. Wäre eng auf dem Trainingsplatz und teuer geworden.

Der Sportvorstand des FC Bayern erzählt diese Anekdote gerne, denn sie steht sinnbildlich für den Markt, auf dem er und seine Kollegen versuchen müssen, einen kühlen Kopf zu bewahren. Gerüchte bestimmen die Branche, und verglichen mit 388 Spieler-Namen sind zwei Vereine, bei denen Niko Kovac im vergangenen Dreivierteljahr angeblich vor einer Verpflichtung stand, Randnotizen. Heute weiß man, dass der ehemalige Bayern-Trainer weder Hertha BSC zum „Big City Club“ noch den BVB zum echten Bayern-Konkurrenten formen wird. Vielmehr wurde Kovac gestern Abend als neuer Chefcoach von AS Monaco vorgestellt.

Gut acht Monate hat sich der Kroate also Zeit gelassen, um einem neuen Arbeitgeber zuzusagen – und ein wenig Gras über den Abgang in München wachsen zu lassen. Man muss ihm zugute halten, dass er sich seit dem Herbst, seit dem jähen Ende beim Rekordmeister, vorbildlich verhalten hat. Während Hansi Flick aus einem Team, dem man unter Kovac das internationale Format absprach, einen echten Triple-Anwärter gemacht hat, ist es um den „Ex“ still geworden. Kein Nachtreten, kein Wehklagen, kein Analysieren, kaum ein öffentlicher Auftritt – obwohl er durchaus viel zu erzählen gehabt hätte. Was von diesem kurzen Intermezzo im Gedächtnis bleiben wird: Dass Flick ihm im Rahmen des Double-Gewinns dankte. Und der Rest ihn längst vergessen hat.

Die Aufgabe in Monaco ist eine reizvolle, sie ist aber nicht zu unterschätzen. Kovac soll dem abgestürzten Champions-League-Halbfinalisten von 2017 eine Mischung aus Glanz und Kampfgeist auferlegen, man schätzt seinen Spielstil. Für den 48-Jährigen ist das eine Chance, sich zu rehabilitieren. Dass er diese fernab der Bundesliga wahrnimmt, kann man als weise Entscheidung werten. Man wird seine Arbeit in Deutschland registrieren, aber nicht sezieren. Außer er holt 388 Spieler.

Hanna.Raif@ovb.net

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