Beim Streit mit Pep schepperten Teller und Tassen

von Redaktion

Zu den wenigen Gegnern von Alphatier Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt zählt Ex-Bayern-Trainer Guardiola

München – Wenn sie die wundesten Punkte in ihrer Seele in einer Europa-Karte markieren müssten, hätten Bayern-Fans nicht lange zu suchen: Der erste Ohnmachtsort ist Barcelona, wo der FCB 1999 in der Nachspielzeit gegen Manchester United den Champions-League-Titel herschenkte. Der zweite dunkle Fleck liegt in München selbst, wo die Roten das „Finale dahoam“ gegen Chelsea vergeigten. Doch in der Niederlage zeigten beide Trainer ihre außergewöhnliche Klasse: „Hitzfeld und Heynckes hatten die Gabe, die Spieler wieder aufzurichten, als sie am Boden zerstört waren. Dadurch ist es ihnen gelungen, das traumatische Erlebnis in Energie umzumünzen. Das macht Ottmar und Jupp zu großen Trainern. Ich habe beide als besondere Menschen erlebt“, erinnert sich Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt.

2001 triumphierte der FCB in der Königsklasse gegen Valencia, 2013 gegen Dortmund. Ein Schlüssel vor dem deutschen Finale in Wembley: „Heynckes hat es geschafft, die Streithähne Robben und Ribery in den Griff zu bekommen“, weiß der langjährige Mannschaftsarzt. „Jupps große Stärke war es, echte Wertschätzung zu vermitteln.“

Seinem Nachfolger Pep Guardiola würde er das kaum attestieren. Der Streit mit dem stolzen Spanier gipfelte darin, dass der Bayern-Doc seinen Dienst quittierte. Zuvor hatte Guardiola den Mediziner intern unter Druck gesetzt, weil er ungeduldig auf die Rückkehr verletzter Spieler wartete. Mull fühlte sich provoziert – erst recht, als Pep seinen Liebling Thiago mit einem Innenbandriss zur Behandlung nach Barcelona schickte. „Eine Verletzung, die ich schon hunderte Male erfolgreich behandelt hatte.“ Es kam zur Aussprache, die buchstäblich mit einem Knall endete: Er habe Guardiola angeschrien und derart mit der Faust auf den Tisch gehauen, dass Teller und Tassen gescheppert haben, erinnert sich Müller-Wohlfahrt.

„Mir wollte einfach nicht in den Kopf, wieso ihn meine Meinung und meine Erfahrung überhaupt nicht interessierten. Irgendwann bin ich morgens aus dem Bett aufgestanden und habe zu meiner Frau Karin gesagt: So kann ich nicht mehr arbeiten, ich höre auf.“ Sein Abgang hallte durch ganz Fußball-Europa. Sogar Italiens Torwart-Legende Giggi Buffon rief entsetzt an: „Du gehörst doch zu Bayern, du musst unbedingt zurückkehren.“

2017 feierte der Doc tatsächlich ein Comeback, sein Freund Uli Hoeneß hatte ihn reaktiviert. Dass es mit den beiden Alphatieren Pep und Mull an der Säbener Straße nicht gutgehen konnte, war aus Sicht von Paul Breitner absehbar. „In Spanien hat der Trainer eine Allmachtsstellung, er wird ehrfürchtig Mister genannt. Pep ist so erzogen worden, schon als Spieler. Der Mister bestimmt alles – wer eingekauft wird und sogar, wer gesund oder verletzt ist. Es war klar: Wenn ich einen Mister kaufe, dann mischt der sich ein. Mull ist davon überrollt worden“, analysiert der Weltmeister, der mal bei Real Madrid spielte. Breitner findet aber auch versöhnliche Töne: „Das war sicher kein bösartiges Verhalten von Pep. Ich kann beide Seiten verstehen.“

Den Zwist hat Müller-Wohlfahrt emotional abgehakt. Einen kleinen Seitenhieb auf Pep kann er sich aber nicht verkneifen: Einmal sei der schwedische Kicker-König Ibrahimovic in der Praxis im Alten Hof gewesen. Der Stürmerstar, der seine Abneigung gegen Guardiola geradezu zelebriert, fuhr gleich mit einem ganzen Hofstaat vor. „Sie kamen in einem schwarzen abgedunkelten Minibus“, erinnert sich Müller-Wohlfahrt. Dem zurückhaltenden Ostfriesen sind solche exzentrischen Auftritte eher fremd. Aber in einem Punkt tickt er ähnlich wie Ibrahimovic: „Wir sind uns einig in der Beurteilung von Pep Guardiola.“

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