Bonn – Joshiko Saibou sorgte bereits im Mai für Aufsehen. Mit einem „Appell an den Verstand“ verbreitete der Basketballer wirre Thesen im Duktus der Verschwörungstheoretiker: „Soll ich dir was verraten? Du bist mit verantwortlich (…). Du, der gelernt hat, du gibst das wieder, was Zeitung, Fernsehen und die Politik dir sagen“. Das Video auf Instagram wurde über 30 000 Mal angeklickt.
Am vergangenen Wochenende nahm Saibou mit seiner Freundin, der Weitspringerin Alexandra Wester, an der Großdemonstration gegen die Coronamaßnahmen in Berlin teil – ohne Beachtung der geltenden Schutzregeln. Die Telekom Baskets Bonn, Arbeitgeber von Saibou, reagierten resolut und kündigten den Vertrag ihres Spielmachers am Dienstag fristlos.
Der Nationalspieler habe wiederholt auf Social-Media-Kanälen seine Haltung zur Pandemie oder zum Virus an sich geäußert, heißt es in der Pressemitteilung. Die Teilnahme an der Demonstration und die Nichtbeachtung der Hygieneregeln brachten das Fass nun zum Überlaufen: Die Vereine der BBL arbeiten gerade akribisch an Hygienekonzepten für die Zuschauer in der nächsten Saison und an speziellen Arbeitsschutzrichtlinien für die Aktiven. „Deshalb können wir ein permanentes Infektionsrisiko, wie es der Spieler Saibou darstellt, weder gegenüber seinen Arbeitskollegen in unserem Team noch gegenüber anderen BBL-Teams im Wettkampf verantworten“, sagt Wolfgang Wiedlich, Präsident der Bonner. „Verstöße gegen Vorgaben des laufenden Arbeitsvertrags als Profisportler“ lauten die offiziellen Gründe für die Entlassung des 30-Jährigen. Saibou bezeichnete die Entscheidung gestern Abend als „totalitär“ und „Schlag ins Gesicht der Meinungsfreiheit.“
Während die Rheinländer klare Kante zeigen, reagiert der Deutsche Basketball Bund (DBB) zurückhaltend. „Wir als Verband distanzieren uns davon“, sagte DBB-Präsident Ingo Weiss: „Wir akzeptieren aber auch, dass unser Nationalspieler Joshiko Saibou eine andere Meinung hat.“ Der Point Guard wird also auch zukünftig im Trikot der Nationalmannschaft auflaufen.
Saibous Partnerin Wester verbreite ebenfalls in einem Beitrag auf Instagram Verschwörungstheorien und sprach davon, dass Ärzte und Anwälte, die die Menschenrechte verteidigen, in Gefängnispsychiatrien eingesperrt würden. Zudem werde ein „Großteil der Welt“ von einer „Horrordroge“ bestimmt. Das Video der Weitspringerin wurde 54 000 Mal aufgerufen. „Insofern sehe ich schon mit einer gewissen Sorge, dass Verschwörungstheorien offenbar auch bei Spitzensportlern auf fruchtbaren Boden fallen“, sagt Dagmar Freitag, Sportausschussvorsitzende des Bundestages.
NICO-MARIUS SCHMITZ