Sevilla zeigt, was eine „richtige Mannschaft“ ist

von Redaktion

Vor allem ein in der Bundesliga Gescheiterter und Trainer Lopetegui genießen den Triumph in der Europa League

Köln – Die Spieler hüpften lauthals singend bis weit nach Mitternacht auf dem Kölner Rasen umher, in der Heimat versammelten sich die Fans bis zum Morgengrauen auf den Straßen und starteten einen Autokorso nach dem anderen: Die besondere Liebesbeziehung des FC Sevilla zur Europa League wurde noch intensiver.

Nach dem spektakulären 3:2 (2:2)-Finalsieg gegen Inter Mailand zeigte sich mal wieder, wie viel der neben der Champions League verblassende Wettbewerb den Andalusiern bedeutet. Sportdirektor Monchi schwärmte nach dem sechsten Erfolg im sechsten Finale: „Das mit der Europa League ist nicht nur eine Romanze, sondern eine dauerhafte Beziehung.“ Trainer Julen Lopetegui schossen die Tränen in die Augen. „Ich bin überwältigt“, sagte der 53-Jährige: „Wir haben so hart dafür gearbeitet. Wir haben es verdient, gegen so ein fantastisches Team wie Inter zu gewinnen.“

Für Lopetegui dürfte der krönende Abschluss seiner ersten Saison beim Europa-League-Rekordsieger eine besondere Genugtuung sein. Es liegen schwere Zeiten hinter ihm. Er galt als größte spanische Trainerhoffnung, dann stürzte er in Rekordzeit ab. Wegen seines bevorstehenden Wechsels zu Real Madrid wurde Lopetegui wenige Tage vor Beginn der WM 2018 vorzeitig als Nationaltrainer entlassen. Und das Engagement bei den Königlichen dauerte nur vier Monate. Alles abgehakt beim gebürtigen Basken: „Ich blicke nicht zurück. Ich habe das Glück, in einem Club zu sein, der mir die Chance mit einer richtigen Mannschaft gegeben hat. Mit allem, was dieses Wort bedeutet.“

Tatsächlich war Sevillas Teamgeist wie schon so oft der Schlüsselfaktor. Sowohl im Halbfinale gegen Manchester United als auch im Endspiel gegen Inter setzte sich das perfekt funktionierende Kollektiv dank großer Hingabe gegen die höhere individuelle Qualität des Gegners durch. „Seit dem ersten Tag sind wir ein richtig verschworenes Team, und das hilft uns an solchen Abenden“, betonte Lopetegui. Doppeltorschütze Luuk de Jong (12., 33.): „Wir haben das Gefühl, dass wir eine große Familie sind. Und das konnte man während des Spiels sehen.“

Er selbst ragte mit seinen beiden Kopfballtreffern heraus. Der in seiner Bundesliga-Zeit in Mönchengladbach unglückliche Angreifer erlebte die Sternstunde seiner Karriere – zum Leidwesen von Inter, für das Romelu Lukaku per Foulelfmeter (5.) und Diego Godin (36.) trafen. Die zehnjährige internationale Titel-Durststrecke der Nerazzurri geht weiter. Trotz der besten Saison seit zehn Jahren steht die Zukunft von Coach Antonio Conte angesichts der hohen Ansprüche der chinesischen Besitzer mehr denn je in Frage.  sid

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