Die Nachricht hat ganz Katalonien tief ins Herz getroffen. Lionel Messi will weg, der weltbeste Fußballer kehrt sich ab von der Stadt, von dem Club, seiner Wohlfühl-Oase, deren Symbolfigur er eineinhalb Jahrzehnte lang gewesen war. Man ahnt: Für die stolzen Anhänger muss diese Nachricht schlimmer sein als jede Demütigung, die man gerade in diesem Jahr hat hinnehmen müssen. Schlimmer sogar als das 2:8 gegen den FC Bayern im Viertelfinale der Champions League.
Dass ein Spieler die Flucht ergreifen will, für den etwas anderes als „Für immer Barca“ stets undenkbar schien, das sagt eine ganze Menge darüber aus, wie weit es mit dem katalonischen Weltclub gekommen ist. Man hat eine hoffnungslos überalterte Mannschaft, die in allen Wettbewerben himmelweit an den eigenen Ansprüchen vorbeitaumelte. Man hat eine oft am Rande des Zwielichts operierende Führung, die sich zuletzt mit personellen Fehlentscheidungen immer wieder selbst überbot. Was ist nur aus dem Verein geworden, der vor gar nicht so langer Zeit ein strahlendes Vorbild gewesen ist? Ein Club, der vor allem mit Hilfe seiner Nachwuchsschmiede La Masia rauschhaften Fußball und vor allem unfassbar gute Fußballer produzierte.
Allen voran Lionel Messi eben. Der Mann mit dem Weltfußballer-Abo hat der Institution Barca maßgeblich ihre goldenen Jahre mitbeschert. Vier der fünf Triumphe in Europas Landesmeister-Wettbewerb tragen Messis Namen, alle drei Coups in der Club-WM, dazu immerhin zehn der 26 spanischen Meisterschaften. Vor dem kleinen Ausnahmekönner aus Rosario haben sich auch die größten Fußball-Persönlichkeiten verneigt. So wie Manchesters Trainerlegende Sir Alex Ferguson, der nach einer der vielen Niederlagen gegen Messi & Co. einmal erklärte, das Niveau des Argentiniers sei „erschreckend“.
Keine Frage, ein Mann wie Messi hätte es verdient, seine Ära in Barcelona mit einem würdigen großen Bahnhof zu beenden. Den Zeitpunkt dürfe er selbst bestimmen, das hat man ihm sogar vertraglich zugesichert. Doch stattdessen brüskierte ihn offenbar auch noch der eigentlich als Retter und Identitätsstifter angeheuerte Neu-Trainer Ronald Koeman. Eine Umkehr scheint undenkbar. Viel wahrscheinlicher ist, dass die Trennung, wohin auch immer es Messi nun zieht, ein Fall für die Juristen wird. Traurig.
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