München – In der Sportwelt brodelt es. Besonders in den USA. Nach den Schüssen eines Polizisten in den Rücken von Jacob Blake weigert sich der Sport, einfach zur Tagesordnung über zu gehen. Ganze Spieltage werden ausgesetzt– wie die Basketball-Play-offs in der NBA oder beim Eishockey in der NHL.
Auch das Tennis hat die Welle erreicht: Starspielerin Naomi Osaka ist nicht zu ihrem Halbfinale beim WTA-Turnier in New York angetreten. Ebenfalls aus Protest gegen Rassismus und Polizeigewalt in den USA. „Als schwarze Frau habe ich das Gefühl, dass es viel wichtigere Dinge gibt, die sofortige Aufmerksamkeit erfordern, als mir beim Tennisspielen zuzuschauen“, begründete die in den USA aufgewachsene Japanerin ihren Boykott in der Vorschlussrunde.
Für ihre Aktion erntet Osaka seit Tagen viel Anerkennung über den Sport hinaus. Allerdings nicht von Dirk Hordorff. Der Vize-Präsident des Deutschen Tennisbundes kann die Aktion der Nummer 10 der Welt nicht nachvollziehen.
Im Gespräch mit unserer Zeitung sagt er: „Ich bin kein Fan von solchen Aktionen. Hier wird ein nationales Problem auf eine internationale Sportart übertragen“. Der Tennis-Funktionär fragt sich: Wo ist da die Grenze? Weigert sich nächste Woche eine Spielerin aus Protest gegen Nordkorea, aufzuschlagen? Oder gegen Weißrussland? Die Amerikaner haben die Chance, am 5. November etwas zu ändern. Bei der Präsidentschaftswahl.“
Er glaube nicht, dass ein Boykott etwas bewirkt: „Ich bin für mündige Sportler. Jeder kann seine Meinung sagen und seine Botschaft transportieren. Aber einfach nicht zu anzutreten, löst keine Probleme.“
Inzwischen hat Osaka ihren Protest beendet. Das Halbfinale gegen Elise Mertens hat sie gestern mit 6:2 und 7:6 gewonnen, nachdem die Veranstalter für einen Tag alle Matches ausgesetzt hatten. „Das hat der Bewegung bereits viel Aufmerksamkeit gebracht“, erklärt die 22-Jährige ihren Sinneswandel. Bei den am Montag beginnenden US Open will Osaka ebenfalls an den Start gehen.
Vor zwei Jahren konnte die in Florida lebende Profisportlerin das Grand-Slam-Turnier in New York sensationell gewinnen. DANIEL MÜKSCH