Spa – Die beiden Bilder erzählen die ganze Geschichte von Juan Manuel Correa. Auf dem ersten sitzt er in einem Rollstuhl, das Gesicht in der linken Hand vergraben, eine Begleiterin legt fürsorglich den Arm um seine Schultern. Das Foto entstand in Spa an jener Stelle, an der Correa 2019 in den fürchterlichen Unfall verwickelt war, der seinen Freund Anthoine Hubert das Leben kostete. Das zweite Foto zeigt Correa aufrecht stehend, die Hände in den Hosentaschen, die berühmte Eau-Rouge-Senke im Hintergrund. Am rechten Bein trägt er nach wie vor die Metallkonstruktion, die Knochen, Sehnen und Bänder zusammenhält, auf seinem Gesicht liegt ein leichtes Lächeln. Es soll, es wird, es muss ja weitergehen, sagte er. „Ich werde den Unfall niemals vergessen, ich werde Anthoine niemals vergessen. Dass ich hier bin, ist vor allem ein Tribut an ihn.“
Formel 1, Formel 2 und Formel 3 erinnern an diesem Wochenende in Spa an den jungen Franzosen Hubert. Mit Aufklebern auf den Helmen der Fahrer, mit „AH19“-Logos auf den Autos und Schweigeminuten würdigen sie das viel zu kurze Leben eines Mannes, dem Experten eine große Zukunft in seinem Sport zutrauten. Doch alle Hoffnungen, alle Träume endeten an jenem 31. August in den belgischen Ardennen.
In Correas Kopf ist der Unfall jederzeit abrufbar. Der tobende Lärm beim Aufprall, die tödliche Stille danach – „JM“ trägt die Emotionen dieses fatalen Sommertages 2019 in Spa noch immer bei sich. Diesen Moment, als er über die Kuppe flog und wusste, dass er dem vor ihm quer stehenden Wrack nie und nimmer ausweichen konnte. Diesen Moment, in dem das Leben des in jenem Wrack eingeklemmten Hubert zu Ende ging. „Ich hatte weit mehr als 200 Sachen drauf, wir hatten beide keine Chance“, sagt Correa.
Nicht nur durch seine bisweilen düsteren Gedanken wird er oft an den Schrecken von Spa erinnert, auch durch seine eigene körperliche Verfassung, die wohl nie wieder so sein wird, wie sie vorher war. Sein rechtes Bein wurde bei dem Unfall völlig zertrümmert, erst seit ein paar Wochen kann er wieder auf beiden Füßen stehen. Ende des Jahres soll das Metall von seinem Bein entfernt werden, „dann beginnt erst die richtig harte Arbeit“.
Die Ärzte haben ihm Mut gemacht, dass er wieder ohne Hilfsmittel laufen wird. Ob es zum Rennfahren irgendwann reicht, „muss ich selber entscheiden. Ich allein spüre, wie viel Kraft in meinen Beinen ist, aber im Moment glaube ich, dass ich es schaffen könnte“. Correas Glas ist eben immer halb voll, so ist er halt, so war er schon als Kind, sagt er. An manchen Tagen komme es ihm so vor, als sei der Unfall gerade gestern passiert, „und manchmal fühlt es sich an wie ein ganzes Leben“. Das so furchtbar schnell vorbei sein kann. sid