Nizza – „Es war eine gute Etappe für mich“, sagte Emanuel Buchmann gestern in Nizza. Und das war eine frohe Kunde aus dem Lager von Bora-hansgrohe. Schließlich musste zuvor intensiv gebangt werden um den Kapitän, der zwei Wochen lang an schmerzhaften Sturzverletzungen laborierte. Doch auf dem zweiten Streckenabschnitt der 107. Tour de France, auf dem es bereits über zwei Berge ging, verspürte er deutlichen Auftrieb. „Ich habe gesehen, dass ich mithalten kann. Bei 100 Prozent bin ich noch nicht. Aber wenn ich mich weiter erhole, kann ich in ganz gute Form kommen“, sagte Buchmann.
Kein Zweifel: Der 27-jährige Hoffnungsträger fühlt sich deutlich besser, gesundheitlich dürfte das Schlimmste ausgestanden sein. „Die Hüfte hat gehalten. Ich hatte keine Schmerzen.“ Sein Fazit: „Ich kann die Tour anders angehen, als ich noch vor einer Woche gedacht habe.“ Das gilt offenbar auch für Max Schachmann, der den 3500 km langen Trip durch Frankreich mit gebrochenem Schlüsselbein antrat. Gestern kam er als Neunter ins Ziel. Sein erster Befund: „Ich bin konkurrenzfähig.“
Die gestrige Etappe stand im Zeichen des französischen Publikumslieblings Julian Alaphilippe. „Der ist eine brutale Attacke gefahren“, sagte Buchmann. Der Franzose, der im vergangenen Jahr 14 Tage lang das Gelbe Trikot getragen hatte, siegte im Sprint einer dreiköpfigen Ausreißergruppe und sicherte sich damit erneut das begehrte Maillot Jaune. Zuvor hatte es der Norweger Alexander Kristoff, Sieger der ersten Etappe, getragen. Im Ziel brach Alaphilippe hemmungslos in Tränen aus. „Diesen Sieg widme ich meinem Vater“, sagte er. Und fügte hinzu: „Ein perfekter Tag.“ Sein Vater war erst vor zwei Monaten gestorben.
Der Auftakt am Samstag war von einer Sturzserie überschattet worden. Nachdem der Regen einsetzte, bildete sich auf der Fahrbahn ein extrem rutschiger Schmierfilm. Besonders bergab wurde das Risiko kaum noch kontrollierbar. Die Rennleitung lehnte dennoch den Antrag der Teamchefs ab, die Abfahrten zu neutralisieren. Daraufhin übernahm Tony Martin (Cottbus/Team Jumbo-Visma) die Initiative, fuhr an die Spitze des Feldes, breitete zweimal die Arme aus, senkte sie jeweils und hielt mit dieser Geste die Kollegen an, langsam zu fahren. „Das Peloton hat das dann für sich geregelt“, berichtete Bora-Teammanager Ralph Denk.
Aufgrund der defensiven Fahrweise konnten weitere Crashs vermieden werden. „Die Straßen waren unglaublich glatt, es war sehr viel Öl auf dem Asphalt. Ich bin froh, dass das Feld so zusammengehalten hat“, sagte Martin. Dennoch war für zwei Fahrer schon am ersten Tag Schluss: Ex-Weltmeister Philippe Gilbert musste mit gebrochener Kniescheibe aufgeben. John Degenkolb (Gera), der unter „unfassbaren Schmerzen“ litt, verpasste das Zeitlimit. „Für meine Gesundheit ist es besser, nach Hause zu fahren“, sagte er. mm