Streit um Frauenfußball

Medienbild wie vor zig Jahren

von Redaktion

GÜNTER KLEIN

Auf Twitter war am Wochenende mächtig was los. Abzulesen an den Trends: Vor allem Berlin-Themen (Demo, Reichstagssturm, Attila Hildmann im Polizei-Schwitzkasten) und Formel 1 (Vettel, Ferrari – ha ha ha). Ein vergleichsweise kleiner Debattier-Schauplatz: Warum wird das Champions-League-Finale der Frauen nicht in der ARD (oder im ZDF) übertragen? Das Erste bekam ein wenig verzweifelte Häme ab („Als wäre die ARD daran interessiert gewesen, die Rechte zu erwerben . . . wäre ja mal was ganz Neues“), und zwar von Bianca Rech, die Sportdirektorin für Frauenfußball beim FC Bayern ist.

Das Endspiel lautete Olympique Lyon – VfL Wolfsburg, und es ist natürlich schön, da es ein Hinausblicken über den Vereinshorizont offenbart, dass Frau Rech sich mit einigen anderen, auch Männern, dafür einsetzt, dass ein für die Sportart hochrangiges Ereignis einer breiten Öffentlichkeit zugänglich sein sollte. Nur: Das war es doch. Es lief schließlich nicht versteckt hinter der Bezahlschranke von Sky, sondern bei Sport1.

Bianca Rechs Beschwerde offenbart ein Bild von der Medienlandschaft, das seit Jahrzehnten überholt ist. ARD und ZDF belegen nicht mehr die Tasten 1 und 2 auf der Fernbedienung, und gewiss werden die Menschen nicht etwas anschauen, nur weil es in den beiden (Co-)Marktführerprogrammen läuft. Man sucht sich aus, was einem gefällt – viele tun des mittlerweile abseits des klassischen Fernsehens. Die spektakuläre neue US-Serie wird eher bei Netflix zu finden sein als bei einem öffentlich-rechtlichen Sender. (Internationalen) Sport findet man bei DAZN und Magenta (dort übrigens auch das Vereins-TV von Frau Rechs FC Bayern).

Sport1, das sich schwer tut im Kauf von Live-Rechten und die Content-Chance auf Lyon – Wolfsburg nutzte, gibt’s auf jedem Fernsehapparat, es ist ein bekannter Sender. Und – auch das sei angemerkt – Eurosport zeigt jeden Freitag ein Spiel der Frauen-Bundesliga live.

Also: Lyon – Wolfsburg war frei verfügbar und wurde angemessen übertragen. Und man kann es sogar als wohltuend empfinden, dass dafür nicht die Hauptsendezeit von ARD/ZDF freigeräumt wurde. Weil da eh schon das eine oder andere Stück Fußball zu viel kommt und die Vielfalt des Sports nicht immer abgebildet wird. Wäre ein entscheidendes Finale im Eishockey, Hand- und Basketball weniger wert? Auch darüber ließe sich streiten.

Guenter.Klein@ovb.net

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