Spanien schlägt spät zurück

von Redaktion

Im ersten Länderspiel 2020 führt die DFB-Elf lange – bis zu Gayas „Eiertor“

VON JONAS AUSTERMANN UND MANUEL BONKE

Stuttgart – Endlich wieder Länderspiel – und gleich ein Drama! Die deutsche Elf holte am ersten Spieltag der Nations League nur ein 1:1 (0:0) gegen Spanien. Nur, weil die Gäste in der sechsten Minute der Nachspielzeit zum Ausgleich kamen. Rund zehn Monate nach der letzten Partie gilt für das Team von Joachim Löw: Ansätze sind da, aber auch viel Luft nach oben. „Das Eier-Gegentor geht mir auf den Zünder“, schimpfte DFB-Debütant Robins Gosens. „Im Großen und Ganzen war es ordentlich“, sagte der Rückkehrer Leroy Sané: „Das 1:1 ist natürlich ärgerlich, wenn man so lange führt.“

Der Stotter-Neustart hatte sich freilich schon vor Spielbeginn abgezeichnet. Bayerns Triple-Helden – bis auf Niklas Süle – erholen sich ja noch von den Champions-League-Strapazen. Der erste Geisterkick der DFB-Geschichte, zugleich das erste Länderspiel seit 289 Tagen, stieg also mit einer ungewohnten deutschen Formation. Trotzdem hatte Löw das Spanien-Spiel im Vorfeld als Startschuss für die EM-Vorbereitung ausgegeben.

„Ich möchte eine gewisse Präsenz und Aggressivität sehen. Wir werden früh anlaufen“, kündigte der Bundestrainer an. Daraus wurde: nichts. Die Spanier ließen sich von den schnell attackierenden Timo Werner und Sané nicht aus der Ruhe bringen. Trotzdem gehörten der DFB-Auswahl die besseren Chancen. Thilo Kehrer prüfte David de Gea mit einem Kopfball (11.), auch der zweite Pariser Profi Julian Draxler scheiterte an Gea (14.).

Im Fußballjargon spricht man gerne davon, dass ein Torwart warm geschossen wird. Sané feuerte freistehend aus 18 Metern auf den Kasten – de Gea parierte. Was nach einem deutschen Offensivfeuerwerk klingt, war mehr Stückwerk. Löws Defensive mit Dreierkette wackelte mehrmals bedenklich – vor allem Dortmunds Emre Can – hatte im Passspiel seine Schwächen. Er leitete mit einem bösen Fehlpass auch Rodrigos Großchance ein: Neuer-Vertreter Kevin Trapp lief erst am Ball vorbei, klärte dann aber stark per Grätsche gegen den Angreifer (14.).

Vom deutschen Pressing war weiterhin kaum etwas zu sehen, vielmehr agierten die Spanier griffig gegen das deutsche Aufbauspiel. Vor allem der Noch-Bayer Thiago riss das Geschehen gerne an sich. Sergio Busquets scheiterte nach einem Freistoß an Trapp (23.), Werner war auf der Gegenseite unsauber, als er einen Konter mit einem Fehlpass beendete (29.) und später klar über den spanischen Kasten schoss (36.).

Weil Trapp Sekunden vor dem Halbzeitpfiff noch mal gegen Rodrigo rettete – wieder war er Can entwischt –, ging’s torlos in die Pause. Luft nach oben war reichlich. Und Löws Spieler schalteten tatsächlich einen Gang hoch. Ilkay Gündogan initiierte, Gosens gab vom linken Flügel in die Mitte, Werner zog clever auf und bewies sein Torjäger-Näschen – 1:0 (51.). Fast hätten sich die plötzlich unsortierten Spanier noch einen Treffer gefangen, doch Sané brauchte viel zu lange, Thiago funkte dazwischen (53.).

Die Spanier reagierten, verlagerten das Geschehen weiter in die deutsche Hälfte. Vor Werner und Sané ergab sich jede Menge Raum für Konter. Nach einer guten Stunde sprintete der Neu-Bayer los, sein Querpass auf Werner aber geriet zu weit, Letzterer traf nur das Außennetz. Danach hatte Sané Feierabend, Löw brachte Ginter – ein klares Signal: Der Sieg sollte gesichert werden. Deutschland zog sich weit zurück und bekam ganz spät die Quittung dafür. Spaniens letzter Angriff landete auf dem Kopf von Rodrigo, die Ablage drosch Jose Gaya in die Maschen – 1:1 (90.+6).

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