Lieber Sebastian,
ich kann verstehen, dass Du immer noch zu Deinem Team stehst! Aber nach dem Qualifying in Monza muss ich sagen: Es hat keinen Sinn mehr. Du opferst Dich auf, damit Dein Team besser aussieht als es verdient. Du musst nur noch Erfüllungsgehilfe für Deinen Teamkollegen Charles Leclerc spielen, dem Liebling der Ferrari-Führung. Der vom Sohn des FIA-Präsidenten Jean Todt gemanagt wird, der wiederum vom Vater gefördert wird – der immer noch, warum auch immer, großen Einfluss beim Kultteam aus Italien ausüben kann, das im Moment eher wie Pompeji nach dem Vulkanausbruch des Vesuv anno 79 aussieht. Du musstest Deinen Teamkollegen von der ersten Sitzung an in der Windschattenschlacht von Monza ziehen. Du hast es getan und hast Dich geopfert. Mit dem Ergebnis, dass Du am Ende nicht mal in den Qualifyingsektor 2 geschafft hast. Das macht für einen vierfachen Weltmeister keinen Sinn mehr.
Die Formel 1 hat ein Kurzzeitgedächtnis, Erfolge von früher sind maximal für Poesiealben, aber haben keinen Wert mehr in der Beurteilung der Entscheidungsträger der Gegenwart. Die rufen Dich nicht an, weil sie für nächstes Jahr einen Weltklassefahrer brauchen, der sie nach vorne bringt. Auch nicht übermorgen. Die glauben, wider besseren Wissens, dass Du es nicht mehr drauf hast. Deshalb tu Dir und Deinen letzten Unterstützern, die noch an Dich glauben, einen Gefallen: Hänge den Helm an den Nagel, sofort, genieße Deine Zeit mit Deiner Familie. Was mit dem Leclerc und Todt-Team passiert, sollte Dir egal sein. Bewahre Deinen Ruf. Du bist als vierfacher Weltmeister immer noch einer der erfolgreichsten Formel-1-Fahrer aller Zeiten. Lass es einfach dabei und überlasse in Zukunft den Politikern Deines Sports die Bühne. Bleibe als toller Sportler in Erinnerung, der Deutschland und der gesamten Formel-1-Familie grandiose, unvergessene Momente geliefert hat. Sei ehrlich mit Dir selbst und mach endlich sofort Schluss mit der ganzen Demütigung! RALF BACH