Am Anfang war der Ball. Franz Beckenbauer konnte ihn behandeln wie kein Zweiter hierzulande. Sein Spiel übte auf die ganze Welt nachhaltige Zauberkraft aus. Nicht umsonst fiel ihm der Spitzname Kaiser zu. Er stand über allen. Mit seiner Eleganz und Lässigkeit, seiner einzigartigen Spielkunst. Er kreierte den Libero, den Mann mit allen Freiheiten (der er auch nach seiner Karriere lange Zeit blieb). Beckenbauer war einst der Inbegriff des modernen Fußballs. Drei WM-Turniere (’66, ’70, ’74) nutzte er optimal zur Demonstration seines spektakulären Könnens. Er wurde so zum deutschen Global Player seiner Zeit. Und er begründete den Bayern-Mythos. Sicher, es ist Uli Hoeneß’ Lebenswerk, dass er den FC Bayern zur dauerhaften Weltmarke formte. Doch die Fundamente hierfür wurden wesentlich von der glanzvollen Führungsfigur Beckenbauer (plus Gerd Müller mit seinen Toren) gelegt. Ohne Beckenbauer wäre die Geschichte des FC Bayern wohl anders verlaufen.
Bemerkenswert war auch, dass das Image des Kaisers Franz die sportliche Karriere überdauerte. Beckenbauer wurde weiter gehuldigt, als Kultfigur behandelt. Sein oberbayerischer, in allen Lebenslagen abrufbarer Charme zog die Nation in ihren Bann. In den 80er-Jahren wurde in Zeitungsartikeln – nur halb im Scherz – die These aufgestellt, Beckenbauer würde sicher auch zum Kanzler gewählt werden, er müsste nur kandidieren. Als er 1984 als Teamchef der Nationalmannschaft die Nachfolge von Jupp Derwall antrat, wurde er wie ein Messias empfangen, als Erlöser nach faden Fußballjahren.
Jahrzehntelang blieb der Franz das Glückskind der Nation, war in der Summe fast schon unheimlich erfolgreich, wurde auch als Trainer Weltmeister, holte schließlich gar die WM 2006 nach Deutschland. Nur schien Beckenbauer letztlich zu übersehen, dass er im richtigen Leben allmählich die gewohnte Unantastbarkeit verlor, dass er sich nicht mehr alles erlauben konnte. In den Kontroversen um das mutmaßlich mit Bestechungsgeld erkaufte Sommermärchen gab er eine überaus unglückliche Rolle ab. Es brach dabei mehr als nur ein Zacken aus seiner Krone. Am Ende löste sich seine jovial-majestätisch wirkende Aura weitgehend auf.
Das große Glück hat sich von Beckenbauer zuletzt abgewandt. Allerdings: Als Kaiser, der er einmal auf dem Spielfeld war, bleibt er unvergessen.
Armin.Gibis@ovb.net