Zumindest der Fußball hatte seine Entscheidung schnell getroffen: Dieser Dienstag war ein guter Tag. Die (testweise) Wiederzulassung von Publikum in die Sportstätten durch die Konferenz der Ministerpräsidenten, in etwa das war seither oft zu hören, ist ein wichtiger Schritt in Richtung Normalität. Das ist zweifellos ja auch richtig. Doch einen derart entspannten Blickwinkel, das ist der Haken an der Sache, kann sich eben auch nur der Fußball leisten.
In den Sportarten dahinter herrscht zumindest Ernüchterung. Im Eishockey sogar Untergangsstimmung. Zwanzig Prozent Auslastung in den Hallen? Für uns nicht darstellbar, vermelden etwa die Straubing Tigers. Wolfgang Gastner, Hauptgesellschafter der Nürnberg Ice Tigers, formulierte es noch drastischer. Wenn nur jeder fünfte Platz besetzt werden kann, dann sei für die Vereine kein Überleben möglich. Klar, Millionenerlöse aus TV-Verträgen gibt es nicht. Für die Vereine sind die Zuschauereinnahmen kein Zubrot. Sie sind Lebensader. Laut einer Studie des „SWR“ machten Ticketverkäufe alleine in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) im Schnitt knapp ein Drittel der Budgets aus. Im Hand- oder Basketball sieht es nicht viel besser aus. Zuletzt deutete Marko Pesic – Chef der Korbjäger des FC Bayern – an, erst bei etwa 50 % der üblichen Ticketeinnahmen wäre sein Club am Ende mit einem blauen Auge davon gekommen.
Das Problem: Vor dem Hintergrund der weltweit wieder in die Höhe schießenden Infektionszahlen haben die Ministerpräsidenten wohl auch so schon die Grenzen des Vertretbaren ausgelotet. Entwickelt sich in den nächsten Wochen auch nur eine Partie zum „Superspreader-Event“, dann sind auch die nun gewonnenen 20 Prozent Auslastung ganz schnell wieder dahin. Von einer möglichen zweiten Welle, wie sie sich in so manchem europäischen Nachbarland entwickelt, ganz zu schweigen.
Natürlich kann sich die Infektionslage auch verbessern und die zugelassene Kapazität weiter aufgestockt werden. Aber was, wenn nicht? Bis zum Jahresende wird das System im derzeitigen Rahmen wohl funktionieren. Auch dank des Rettungspakets der Bundesregierung, das den Profivereinen bis zu je 800 000 Euro Corona-Hilfen zusicherte. Doch danach wird die Politik schnell neue Entscheidungen treffen müssen. Neue Gelder werden fließen müssen. Sonst droht eine Vielzahl an Insolvenzen. Und die werden die Sportlandschaften entscheidend verändern.
patrick.reichelt@ovb.net