Am 9. August 2013 war es in München schon einmal so weit. Frisch gekürte Fußball-Helden betraten in der Allianz Arena den Rasen, um die neue (Nach-Triple-) Saison zu eröffnen. Damals war nicht der FC Schalke 04 zu Gast, sondern Borussia Mönchengladbach, und es sangen Fans im voll besetzten Stadion. Die größte Veränderung damals war aber an der Seitenlinie zu beobachten. Dort nämlich stand nicht mehr der Triple-Coach (Jupp Heynckes), sondern Pep Guardiola.
Die erste „Fußball-Party unter Pep“ (3:1) war gleichbedeutend mit dem Beginn einer neuen Zeitrechnung beim FC Bayern. Guardiola war anders als Heynckes, er brachte neue Impulse. Während Flick nun, wo seine erste ganze Spielzeit als Bayern-Trainer startet, theoretisch so weitermachen könnte wie bisher. Hat ja funktioniert.
Dieser Mann, von dem alle nun seit einem Dreivierteljahr schwärmen, ist freilich schlau genug, um zu wissen, dass in dieser speziellen Spielzeit ein wenig mehr gefordert sein wird als ein bloßes „weiter, immer weiter“. Die Herausforderungen – Spielplan, Belastung, Hygienevorschriften, Corona-Angst – sind noch einmal deutlich höher als in den Wochen und Monaten nach dem Re-Start der vergangenen Spielzeit. Das gilt für alle Bundesligisten und deren Trainer, für den Bayern-Coach aber besonders. Schon unter normalen Umständen steht ja kein Vertreter seiner Zunft derart im Rampenlicht wie der in München Angestellte. Im speziellen Fall von Flick kommt hinzu, dass er seine Arbeit bisher in Perfektion ausgeübt hat. Jeder will wissen: Kann Hansi auch Krise?
Dass irgendwie, irgendwo, irgendwann ein Tal kommen wird, steht außer Frage. Der Hunger dieser Mannschaft ist zweifellos weiter groß, dafür garantieren allein Typen wie Manuel Neuer, Joshua Kimmich, Leon Goretzka und andere. Beine und Köpfe aber können nicht immer – und vor allem ohne Pause – einwandfrei funktionieren. Noch ein, zwei Verstärkungen sind daher (vor allem nach dem Thiago-Abgang) genauso zwingend notwendig wie Fingerspitzengefühl von Flick. Ausgelaugten Stars mal eine Pause zu geben, ohne den Erfolg zu gefährden, wird eine der großen Aufgaben dieser Spielzeit sein.
Das Gute ist: Flick hat schon so viel richtig gemacht, dass die Bayern-Bosse ihn gewähren lassen werden. Mit so einem dicken Plus ist lange kein Bayern-Trainer in eine Saison gestartet. Der letzte war eigentlich: Guardiola.
Hanna.Raif@ovb.net