Künftig gibt es ja eine Flut an Derbys. Wie viele der 18 möglichen Punkte gegen die Lokalrivalen haben Sie eingeplant, Herr Köllner?
Köllner: Noch gar keine, denn jetzt gibt es erst mal drei in Meppen zu vergeben, an der holländischen Grenze. Das wird schwer genug. Die Derbys sind noch ganz weit weg für mich.
Stadtmeister will man aber schon werden, oder?
Van Lent: Ich glaube, es täte jedem von uns gut, wenn er zwischendurch mal ein Derby gewinnen würde.
Köllner: Es bringt keinem was, Stadtmeister zu werden – und dann abzusteigen (lacht).
Van Lent: In Haching stapeln wir gerne tief, deswegen freuen wir uns, wenn wir die Großen ärgern können.
Schmidt: Fühlt ihr euch als die Kleinen?
Van Lent: Nein, wir sind total selbstbewusst. Aber vom Westen aus betrachtet stehen Vereine wie Bayern und 1860 mehr im Fokus. Tradition verpflichtet. Und wenn dann nach drei Spielen alles wieder infrage gestellt wird, ist das lustig – und man freut sich, wenn man selbst nicht davon betroffen ist. Haching wirkt gemütlicher, im positiven Sinne.
Sind Derbys für Türkgücü die einfachste Gelegenheit, sich Respekt zu verschaffen und als Neuling ernst genommen zu werden?
Schmidt: Es sind natürlich besondere Spiele. Sicher kann man sich in Derby profilieren, aber unter dem Strich geht es auch nur um drei Punkte. Was bringt es mir, wenn ich Bayern schlage und dann die Woche drauf gegen Verl verliere?
Wenig, wenn man sich das Ziel 2. Liga ausgibt . . .
Schmidt: 2. Liga? Das Wort nehme ich nicht mal in den Mund. Erst mal müssen wir in der 3. Liga ankommen. Aber klar: Hohe Ziele sind mir lieber, als wenn es so vor sich hin dümpelt und man jedes Jahr mit Platz zehn zufrieden ist. Mein Gott: Bei Türkgücü sind halt Emotionen drin – das kann man ja auch positiv sehen. Wenn ich zum Präsidenten gehe und sage: Da gibt’s einen Spieler, den hätte ich gerne, aber den können wir uns wahrscheinlich nicht leisten, dann sagt er: Wie? Was heißt da, den können wir uns nicht leisten? Solche Aussagen will er gar nicht hören. Man braucht diese fußballverrückten Sponsoren, wenn man nicht gerade Bayern ist.
Van Lent: Das verbindet uns ja: dass wir Leute um uns herum haben, die total fußballbegeistert sind und unbedingt hochwollen. Schau nach Sechzig: Die müssen eigentlich jedes Jahr hoch und hätten schon längst Champions League spielen müssen.
Dagegen ist Haching eine Oase, oder?
Van Lent: Der Manni hat schon auch seine Ziele. Wenn er sagt: Wir wollen in die 2. Liga, dann weiß er aber im nächsten Atemzug, dass das nicht so leicht zu erreichen ist. Um das zu garantieren, müssten wir soundso viele Erstligaspieler verpflichten, das ist aber unmöglich.
Stichwort Aufstieg, Herr Seitz: Bayern darf bekanntlich nicht, aber die drei Kollegen. Wem trauen Sie es am ehesten zu mit seinem Verein?
Seitz: Um das seriös zu beantworten, müsste ich jedes Training meiner Kollegen sehen, dazu reicht die Zeit leider nicht. Die Liga ist insgesamt auch zu unberechenbar. Das hat man ja letzte Saison an uns selber gesehen. Wir haben schwer reingefunden, Mitte der Hinrunde hatten wir eine schwierige Situation – und am Schluss waren wir Erster, zu unserer eigenen Überraschung.
Anders gefragt: Welchen Lokalrivalen fürchten Sie am meisten?
Seitz: Wir fürchten uns vor keiner Mannschaft, auch nicht in den Derbys. Gegen Arie hab ich schon gespielt (1:1 im Test). Michael kenne ich ewig. Und der Alex hat auch wahnsinnig viel Erfahrung. Fakt ist: Meine Mannschaft hat von allen die wenigste Erfahrung…
Schmidt: Die wenigste Erfahrung, aber den höchsten Marktwert (grinst).
Seitz: Die Jungs sind hochtalentiert, das ist unbestritten, aber wenn ich zum Beispiel bei 1860 reinschaue: Da stürmt ein Mölders, was mich riesig freut, weil es genau das ist, was meine Jungs benötigen. Das wird eine riesige Herausforderung für meine Innenverteidiger.
Ein bisschen Erfahrung hat Bayern aber auch.
Köllner: Timo Kern.
Schmidt: Nicolas Feldhahn.
Seitz: Und Maxi Welzmüller, Fiete Arp und Thorben Hoffmann. Fiete und Thorben sind zwar noch deutlich jünger als die anderen drei, haben aber auch schon viel Erfahrung im Profifußball gesammelt.
Van Lent: Ich weiß, was Holger meint. Im Testspiel nehmen sie uns in der ersten halben Stunde auseinander, und am Ende müssen sie froh sein, dass es 1:1 ausgeht. Typisch für eine U 23.
Seitz: Ein sinnbildliches Spiel für das, was uns bevorstehen könnte. Da Konstanz reinzubekommen, ist das große Thema. Eine spannende Aufgabe, denn wenn die Jungs einen Flow entwickeln, sind sie brutal gefährlich.
Typisch für junge Spieler sind auch deren Aktivitäten in den sozialen Medien. Schaut man da als Trainer heimlich rein?
Köllner: Ich selber bin weder bei Instagram noch bei Facebook und Twitter, aber meine beiden Söhne spielen mir manchmal Informationen zu.
Van Lent: Meine Töchter auch – deswegen weiß ich alles. Köllner: Grundsätzlich sind mir Aktivitäten in den sozialen Medien nicht wichtig – es sei denn, ein Spieler würde total abdriften, den Teamgeist verletzen oder sich vereinsschädigend äußern. Nur dann würde ich da einschreiten.
Ein Like vom Trainer wird es also eher nicht geben?
Köllner: Wie denn? Ich bin nur bei Xing und LinkedIn. Einmal wollte ich da einen Beitrag auf meine Startseite stellen, bin aber jämmerlich gescheitert und hab nach einer Stunde aufgegeben. Ich kenn’ mich leider mit dem ganzen Zeug nicht aus.
Zurück zum Sport: Wo sieht sich die Trainerrunde am Saisonende?
Van Lent: Auf einem einstelligen Tabellenplatz, das ist unser Ziel. Alles andere kannst du in dieser Liga nicht vorhersagen. Schmidt: Wir wollen uns etablieren und nichts mit dem Abstieg zu tun haben. Unsere langfristigen Ziele sind natürlich höher, aber für mich zählt jetzt erst mal der Start – das wird schwer genug.
Köllner: So ist es. Gefühlt hat Sechzig in der 3. Liga nichts verloren, das höre ich hier praktisch jeden Tag. Aber vom Reden ist noch keiner aufgestiegen. Wir haben eine gute Mischung, sind richtig gut vorbereitet. Müssen wir auch sein, denn wir spielen ja ausnahmsweise den Winter durch. Natürlich wünscht man sich, dass man besser abschneidet als letztes Jahr. Da waren wir Achter, also müssen wir jetzt Siebter werden (grinst). Aber jetzt lassen wir die Spiele mal beginnen.
Interview: Uli Kellner und Ludwig Krammer