von Redaktion

Erster Eindruck

Eine neue Saison ist wie ein neues Leben. Die Vergangenheit liegt in den Akten, sie darf vergilben, sie hat keinen Einfluss auf die Zukunft. So ist es normal.

So wird es diesmal nicht sein. Denn aufgrund der Auswirkungen der Coronakrise hat kein Club Mittel eingesetzt, um einen Neubeginn zu markieren. Man ist einfach nur in Urlaub gegangen, transferiert wurde nur das Nötigste. Die Vereine waren zur Konstanz gezwungen – im Guten wie im Nachteiligen.

Vorige Saison hatte die Bundesliga sechs Neubesetzungen auf den Trainerpositionen, sie himmelte Marco Rose und Oliver Glasner, frisch aus Österreich zu Mönchengladbach und Wolfsburg importiert, an. Und erwartete Wundertaten von Julian Nagelsmann in Leipzig. Nun sind 17 von 18 Coaches im Amt geblieben – einer wie David Wagner auf Schalke nur, weil kein Geld da ist, um ihn zu entlassen. Florian Kohfeldt erklärt nun wieder die Werder-Heimniederlagen, aus Markus Gisdol in Köln entweicht ein weiteres Stück heiße Luft.

Neu ist nur Sebastian Hoeneß bei der TSG Hoffenheim. Doch der braucht keine Eingewöhnung, weil er Andrej Kramaric hat. Der kroatische Stürmer beginnt die neue Saison einfach so, wie er die alte beendet hat: Er erzielt alle Tore seiner Mannschaft. Am 34. Spieltag vier in Dortmund, am 1. drei in Köln. In normalen Zeiten wäre er Hoffenheim im Sommer wohl weggekauft worden – weil die TSG zwischen den Spieljahren eigentlich immer leergeshoppt wird. Diesmal nicht. Dass alles bleibt, ist wirklich anders.

Sebastian Andersson

Der schwedische Mittelstürmer Sebastian Andersson war die Lebensversicherung von Union Berlin. Die Bälle wurden in jeder Situation des Spiels hoch auf ihn gespielt. Entweder er legte sie dann für einen Mitspieler ab oder wuchtete sie ins Tor. Er war der kopfballstärkste Spieler der Liga, auch dank ihm erweckte Union den Eindruck physischer Robustheit der gesamten Mannschaft. Lauter wild entschlossene 1,90-Meter-Typen.

Doch Andersson war einer der wenigen prominenten Wechsel im Corona-Sommer. Die Folge: Union verlor bei der 1:3-Heimniederlage gegen den FC Augsburg die Lufthoheit, kassierte zwei Gegentreffer durch Kopfbälle, eines sogar durch Ruben Vargas, den 1,74-m-Riesen.

Andersson ging nach Köln, das sofort wie Union spielte. Ein Tor erzielte der Schwede selbst – per Kopf, was sonst? Ein weiteres bereitete er mit einem Kopfball an den Pfosten vor.

Transfers

Für seine Verhältnisse war der SC Freiburg panisch. Seinen Stammtorhüter Alexander Schwolow hatte er verkauft, der zur Nummer eins aufgerückte Mark Flekken verletzte sich, es wäre nur noch Neuzugang Benjamin Uphoff, erstligaunerfahren, dagewesen. Eine glückliche Fügung, dass der FSV Mainz 05 junge ambitionierte Torhüter im Überangebot hat. So wurde am Dienstag Florian Müller (22) per Leihe von Mainz nach Freiburg verfrachtet. Und schaffte es gleich im ersten Spiel, sich den Orden als Matchwinner anzuheften. 26 Schüsse gab der VfB Stuttgart auf Müllers Tor ab – der Keeper meisterte 24. Groß mitspielen musste er nicht – einfach nur die Bälle halten. Torhüterarbeit, verdichtet auf das Wesentliche. 200 000 Euro beträgt die Leihgebühr – eigentlich hat sie der SC mit diesen wichtigen ersten drei Punkten schon hereingespielt.

Mit einem besonderen Spiel begann die Saison für einen Wechsler unter den Torhütern: Rafal Gikiewicz, Klassenerhaltsheld von Union Berlin, spielte an der Alten Försterei mit seinem neuen Club, dem FC Augsburg – und gewann 3:1. Böse war man ihm in Berlin nicht. Er wurde mit „Fußballgott“-Rufen empfangen. GÜNTER KLEIN

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