Immer noch eine Schippe drauf

von Redaktion

Die nimmersatten Bayern haben Spaß – und suchen weiter Personal

VON HANNA RAIF UND JONAS AUSTERMANN

München – Fußballer sprechen ja nicht allzu gerne über Gegner. Grundsätzlich schaut man in dieser Branche „lieber auf sich“, aber am Freitag, nach dem 8:0 des FC Bayern gegen Schalke 04, konnte Thomas Müller nicht anders. „Heute“, sagte der zweifache Triple-Gewinner, „war ich schon manchmal überrascht, wie leicht einige Pässe gespielt werden konnten.“ Ja, der seit acht Monaten sieglose Gegner hatte es der Mannschaft von Hansi Flick nicht sonderlich schwer gemacht. Und trotzdem hatte man beim Auftaktspiel der 58. Bundesliga-Spielzeit den Eindruck, als legen die Bayern in einem Show-Spiel vor – ehe der Wettbewerb um den zweiten Platz am Samstag für alle anderen begann.

„Erstaunlich“ fand auch Vorstand Oliver Kahn, „wie die Mannschaft sofort angeknüpft hat.“ Keine vier Wochen waren seit dem Gewinn der Champions League vergangen, die Vorbereitung war kürzer denn je, aber diese Mannschaft, führte der 51-Jährige aus, „hat Spaß daran, immer eine Schippe draufzulegen“. Da kann ein Mann wie Thiago den Verein verlassen, Leistungsträger wie David Alaba, Alphonso Davies und Kingsley Coman angeschlagen fehlen, Leon Goretzka und Robert Lewandowski Schläge abbekommen: Egal, es geht trotzdem weiter. Angetrieben vom überragenden Joshua Kimmich, beflügelt von der neuen Zange Serge Gnabry und Leroy Sané. Jeder wollte, jeder konnte, Gnabry (4./47./59. Minute), Leon Goretzka (19.), Lewandowski (31./Foulelfmeter), Müller (69), Sané (71.) und der 17-Jährige Jamal Musiala (81./Text unten) trafen. Karl-Heinz Rummenigge sprach bei „Sky 90“ gar von der Wiederbelebung des altbekannten Mottos: „Einer für alle, alle für einen.“

Selbst der Vorstandsboss sei auf dem Weg in die Geister-Arena „gespannt“ gewesen – und merkte schnell, dass die Sorge vor einem Leistungsabfall wegen ausgelaugter Beine oder müder Köpfe unbegründet ist. „Zwei, drei Tore mehr“ hätte man laut Hansi Flick in der ersten Halbzeit noch schießen können, trotzdem sei der Einstand in die Mammut-Corona-Saison „bravourös“ geglückt. Die Liga ist gewarnt, das eigene Selbstvertrauen noch größer als vorher. Für den Hunger dieser Mannschaft sprach allerdings nicht nur das Ergebnis (Schalkes Oczipka: „Eine Schande!“), sondern auch die Spielweise. Offensiv herrscht blindes Verständnis, zudem ignorierten die Stars auf dem Rasen Flicks Ansage, einen Gang runterschalten zu dürfen. Sie pressten weiter, kreierten Chance um Chance. „Es ist im Moment noch so, dass der Spirit drin ist und ich finde es nicht schlimm“, sagte der zufriedene Trainer.

Flick selbst hat freilich die kommenden Englischen Wochen im Kopf, am Donnerstag steht in Budapest bereits der Supercup gegen Sevilla an. Das einzige Manko dieser Mannschaft sieht auch er neben dem Platz. Aktuell hat der FC Bayern den kleinsten Kader aller Bundesligisten, auf der Bank saßen am Freitag zwei Torhüter sowie zahlreiche Jungspunde. Die Gespräche laufen, Kahn beteuerte: „Es kommen unglaublich viele Spiele auf uns zu. Wir brauchen einen großen Kader.“ Eine Einigung mit Ajax-Verteidiger Sergino Dest jedoch wollten weder er noch gestern Rummenigge bestätigen. Auch die Suche nach einem weiteren Flügelspieler dauert an.

Im Moment hofft man, dass bis zur Reise nach Budapest die Angeschlagenen wieder dabei sind. Und alle beherzigen, was Kahn sagt: „Wir sind gut beraten, den Ball flach zu halten.“ Sevilla ist nicht Schalke. Und der erste Spieltag nicht der 34.

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